Antragsteller*in

N.N.

Zur Weiterleitung

N.N.

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Analyse der heutigen Einkommenssituation der Kommunen

Die bedeutendste steuerliche Einnahmequelle der Kommunen ist die Gewerbesteuer In den letzten Jahren konnten die meisten Gemeinden wieder recht zufrieden mit den Einnahmen aus dieser Steuer sein. Das war insbesondere in den Jahren 2001 bis 2003 anders; hier versiegte die Einnahmequelle der Gemeinden. Grund dafür waren die stagnierenden Umsätze des Einzelhandels und ein Rückgang der allgemeinen wirtschaftlichen Dynamik. 

Die Einnahmesituation der meisten Kommunen durch die Gewerbesteuer ist durch eine starke Schwankung der Steuereinnahmen im Zeitverlauf gekennzeichnet. Zu dieser hohen Konjunkturreagibilität des Gewerbesteueraufkommens kommt eine uneinheitliche Allokation, die zu Lasten von Kommunen mit geringem Gewerbeaufkommen geht. So erhalten Gemeinden, die keine Gewerbebetriebe in ihrem Geltungsbereich angesiedelt haben, auch keine Einnahmen aus der Gewerbesteuer. In viele Ortsgemeinden siedeln schon heute keine Gewerbeunternehmen mehr an. Das fängt beim Lebensmittelladen an und hört nicht beim mittelständischen Handwerksunternehmen auf. Diese Ortsgemeinden werden zu reinen „Wohngemeinden“. Darüber hinaus hat sich, durch die zahlreichen Eingriffe des Gesetzgebers, wie etwa Freibetragsregelungen, die Gewerbesteuer in den letzten Jahren zu einer de facto „Großbetriebssteuer“ entwickelt.

Kommunen übernehmen aber im Staat die wichtigen Leistungen der Daseinsfürsorge für die BürgerInnen, die unabhängig von der Finanzkraft der einzelnen Kommune gewährleistet sein muss. Außerdem stellt die Nachfrage der Kommunen, das heißt ihre Ausgaben für Investitionen und vielfältige Leistungen, eine maßgebliche Komponente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dar, woraus im weitergehenden Sinne auch Arbeitsplätze geschaffen werden können. Damit wird klar: Kommunen erbringen wichtige Leistungen für die BürgerInnen und Bürger und stützen mit ihren Investitionen die Wirtschaftstätigkeit.

Für diese notwendigen Investitionen, die im Bereich der Leistungen der Daseinsfürsorge über den Zeitverlauf konstant bleiben bzw. kaum konjunkturellen Schwankungen unterworfen sind, brauchen die Kommunen aber eine konstante konjunkturunabhängige Einnahmebasis. 

Die Situation der Kommunen sieht aber oftmals anders aus

Werden Investitionen dann durchgeführt, wenn die Einnahmebasis der Kommunen gerade gut ist, also die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sprudeln, so wirken diese prozyklisch, d. h. die bestehenden Konjunkturschwankungen werden durch die Nachfrageentscheidungen der Kommunen verstärkt. Verfolgt man aber eine Wirtschaftspolitik, die auf gesamtwirtschaftliche Nachfrageausfälle reagieren möchte, passt ein solches Vorgehen der Kommunen nicht ins Konzept bzw. wäre die Nachfrage der Kommunen in wirtschaftlich schwachen Zeiten angemessener. Will man den Konjunkturverlauf möglichst glätten, so sind zusätzliche Investitionen der Kommunen, also zusätzliche Nachfrage, in Zeiten, in denen die Nachfrage ohnehin schon beträchtlich ist, unerwünscht. So führt ein Mehr an Nachfrage nicht zu positiven Effekten des „Ankurbelns“ der Wirtschaftskraft. Könnten die Kommunen jedoch ihre planbaren Investitionen in Zeiten mäßiger wirtschaftlicher Dynamik verlagern, so könnten sie eine nachfragestabilisierende Wirkung entfalten, negative wirtschaftliche Entwicklungen also abfedern.    

Zudem sind viele Unternehmungen durch oft tradierte, ökonomisch nicht begründbare Ausnahmen, wie etwa für niedergelassene Ärzte oder SteuerberaterInnen, von eben dieser Gewerbesteuer befreit.

Einnahmesituation der Gebietskörperschaften verbessern 

Dass die Einnahmesituation der Kommunen verbessert werden muss, zeigt folgende Betrachtung. Die Investitionen der Kommunen an den gesamten öffentlichen Investitionen betragen ungefähr 60%. Sie machen also noch immer den größten Anteil an der staatlichen Investitionsnachfrage aus. 

Doch sind die Ausgaben der Gemeinden in den letzten Jahren besorgniserregend gesunken. Seit 1992 sind die Ausgaben für Sachinvestitionen, wie beispielsweise in Gebäude, Straßen und andere Infrastrukturprojekte, um 40% gesunken. Seit nunmehr zwei Jahren sind die Sachinvestitionen niedriger als die Abschreibungen; sprich die Reinvestitionen sind geringer als die Abschreibungen. Das heißt, dass die der öffentliche Kapitalstock aufgezehrt wird. Das Ergebnis zeigte sich und zeigt sich noch immer in einer anhaltenden Wachstumsschwäche der gesamten Volkswirtschaft.

Entschließt man sich nun das Einnahmesystem der Kommunen neu zu gestalten, sollte man sich die verschiedensten Interessenslagen betrachten. Aus Sicht der Gemeinden sollte das System folgende Eigenschaften besitzen: 

  • Fiskalische Ergiebigkeit, was die Höhe der Einnahmen direkt betrifft. 
  • Eine geringe Konjunkturreagibilität, um die notwendigen Aufgaben der kontinuierlichen Daseinsfürsorge zu bewältigen. 
  • Zudem möchten die Gemeinden umfassende Hebesatzrechte um eine möglichst weit reichende Gestaltbarkeit zu erlangen. 
  • Aus Sicht der Steuerpflichtigen sollte das Steuersystem möglichst transparent und einfach sein. Gerechtigkeitsaspekte führen zu Forderungen wie dem Leistungsfähigkeitsprinzip und der Willkürfreiheit.

Betrachtet man die Gewerbesteuer in ihrer jetzigen Ausgestaltung unter diesen Beurteilungskriterien, weist diese einige Defizite aus. Geht man daran, das Einnahmesystem neu zu gestalten, sollte man nicht zuerst auf die zu erhebenden Steuersätze fixiert sein. Wichtigster Gesichtspunkt sollte das zu erzielende Steueraufkommen sein. Hier muss gelten, dass die Kommunen ein kontinuierliches, ausreichendes Finanzaufkommen erhalten. 

Eine zentrale Forderung, die wir an eine bedarfsorientierte Reform der kommunalen Finanzen haben, ist die garantierte Einkommensstabilität für Gemeinden über den Zeitverlauf. Es ist erforderlich, dass die Einnahmen gegenüber heute auch noch gesteigert werden. So müsste auch daran gedacht werden, Kommunen vermehrt über Zuweisungen zu finanzieren, wenn die Steuereinnahmen doch einmal ausfallen sollten. Dies wäre nur konkludent, stellt man die Einnahmestabilität so in den Fordergrund seiner Reformbestrebungen. In Rheinland-Pfalz gibt es, neben dem kommunalen Finanzausgleich, bereits einen Beistandspakt des Landes mit den Kommunen, der sich aus einem Stabilisierungsfond speist. 

Die Gewerbesteuerfreiheit der freien Berufsgruppen muss eingestellt werden. Auch diese Berufsgruppen müssen einen gerechten Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Sie müssen zur Finanzierung der kommunalen Ausgaben direkt herangezogen werden, da sie kommunale Einrichtungen und Infrastruktur genauso nutzen. Bislang werden viele Berufszweige von der Gewerbesteuer befreit. Dies ist ökonomisch nicht begründbar – vielmehr spiegelt diese Struktur tradierte Willkür wider.

Durch den Wegfall diverser Verrechnungsmöglichkeiten der Gewerbesteuer mit der individuellen Einkommensteuer sowie einer steuerrechtlichen Gleichstellung von Kapital- und Personenunternehmungen, sehen wir eine deutliche Vereinfachung bei der Besteuerung. Wir wollen hier aber nicht der allseits angepriesenen Entbürokratisierung das Wort reden, sehen aber, dass in den Finanzämtern und Kommunalverwaltungen viele MitarbeiterInnen durch die Erfassung und Verrechnung der Gewerbesteuer mit den individuellen Einkommenssteuern gebunden sind. Diese ließen sich sinnvoller an anderer Stelle, zum Beispiel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, einsetzen. 

Des Weiteren darf es zu keinen Nettoentlastungen der Unternehmen kommen. Im Gegenteil, der Unternehmenssektor muss wieder mehr zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Unternehmungen haben für die Nutzung der kommunalen Infrastruktur in den letzten Jahren, durch massive steuerliche Erleichterungen, keinen angemessenen Beitrag mehr geleistet. Die Politik war und ist immer noch, in der Gestalt der Großen Koalition aus Union und SPD, die einem zentralen Denkfehler in ihrer Wirtschaftspolitik unterliegt. Steuerliche Entlastungen führen eben nicht automatisch zu mehr Investitionen – darüber hinaus gibt es keinen Automatismus zwischen Investitionen und der Schaffung neuer Arbeitsplätzen. Das eine solche Politik nicht zielführend ist, konnten wir zu genüge in den letzten Jahren beobachten.  

Kritik am derzeitigen Hebesatzrecht 

Generell kann man das kommunale Hebesatzrecht auch kritisch betrachten. Die meisten Gemeinden nutzen dies schon heute nicht. Sie halten sich größtenteils an die Vorgaben, die von den Kreisverwaltungen an sie getragen werden. Ein Unterschreiten der Vorgaben ist schon deshalb nicht möglich, das sonst monetäre Unterstützung seitens des Kreises und des Landes ausbliebe. Die allermeisten Ratsmitglieder kleiner Ortsgemeinden können auch gar nicht abschätzen, was genau ein Hebesatz ausmacht, d.h. wie der Hebesatz die Gewerbesteuer letztlich beeinflusst. Es ist durchaus angebracht zu bezweifeln, ob Kommunen Steuern in ihrer Höhe überhaupt beeinflussen sollten.

Ein weiter reichendes Hebesatzrecht bei anderen zu schaffenden kommunalen Steuern lehnen wir grundlegend ab. Wir Jusos Rheinland-Pfalz sind gegen einen destruktiven Wettbewerbsföderalismus und wollen diesen Wettbewerb auch nicht auf niedriger, also kommunaler Ebene, durch die Hintertür einführen. 

Steuergerechtigkeit muss auch gerade auf kommunaler Ebene gelten. Die Einnahmebasis der Kommunen muss gestärkt und die Sonderrechte einzelner Berufszweige müsse aufgehoben werden. Die Jusos Rheinland-Pfalz erwarten von einer Reform der Finanzierung des Gemeinwesens, dass Kommunen in Zukunft ihre Investitionen auch antizyklisch tätigen können oder zumindest weniger prozyklisch agieren, um somit Stütze in einer auf dynamisches Wachstum ausgelegter Wirtschafts- und Konjunkturpolitik darstellen.