Antragsteller*in
Vorderpfalz
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Antragstext
Als Jusos stehen wir für eine feministische, solidarische und soziale Politik, die
auf Selbstbestimmung, Schutz und Teilhabe aller Menschen zielt. Dafür braucht es auch
im Bereich von Prostitution und Sexarbeit einen Ausbau der Beratungs- und
Unterstützungsstrukturen sowie eine konsequente Entstigmatisierung und Verbesserung
der Lebensrealitäten betroffener Menschen.
Die Situation von Prostituierten und Sexarbeiter*innen in Rheinland-Pfalz ist von
strukturellen Benachteiligungen, sozialer Ausgrenzung und einem Mangel an passgenauen
Unterstützungsangeboten geprägt. Obwohl Prostitution in Rheinland-Pfalz nicht überall
sichtbar ist, existiert sie in vielen Regionen und ist oft mit prekären Lebenslagen,
Unsicherheiten und Stigmatisierung verbunden. Die bestehenden Hilfesysteme sind
bislang weder flächendeckend noch ausreichend auf die komplexen Bedarfe ausgerichtet.
Die bestehenden Unterstützungsangebote, wie die Beratungsstelle in Koblenz, sind
erste wichtige Schritte aber reichen in Reichweite & Struktur nicht aus, um den
tatsächlichen Bedarf flächendeckend zu decken. Der Ausstieg aus der Prostitution ist
für viele FINTA ein langwieriger und komplexer Prozess, der intensive individuelle
Begleitung und nachhaltige Perspektiven erfordert. Viele betroffene FINTA haben
traumatische Erfahrungen gemacht, leiden unter psychischen Belastungen oder stehen
vor erheblichen finanziellen und sozialen Hürden beim Ausstieg. Ausstiege aus der
Prostitution verlaufen dabei selten geradlinig – Rückschläge, Existenzängste und
fehlende berufliche Perspektiven erschweren den Prozess zusätzlich. Ein Ausstieg ist
für viele daher ohne niedrigschwellige und langfristige Unterstützung kaum möglich.
Bundesweit geförderte Modellprojekte, etwa in Berlin, Nürnberg und Freiburg/Kehl,
haben gezeigt, dass individuelle, ressourcenorientierte Beratung, psychosoziale
Stabilisierung, Qualifizierungsmaßnahmen und eine enge Zusammenarbeit mit Jobcentern
und Bildungsträgern zentrale Erfolgsfaktoren für einen nachhaltigen Ausstieg sind.
Besonders bewährt haben sich eine enge individuelle Betreuung durch spezialisierte
Sozialarbeiter*innen, die Entwicklung persönlicher Perspektiven und
Qualifizierungsoptionen, die Unterstützung bei z.B. Behördengängen oder Wohnungssuche
und eine enge Kooperation mit Jobcentern als Brücke in den regulären Arbeitsmarkt.
Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass nachhaltige Verbesserungen nur
durch eine koordinierte, landesweite Strategie und eine solide Finanzierung erreicht
werden können.
Daher fordern wir:
1. Aufbau landesweiter Strukturen & Finanzierung
Flächendeckende Beratungsstellen: Schaffung eines Netzwerks mit Anlaufstellen in
allen größeren Städten (z.B. Mainz, Ludwigshafen, Trier) nach dem Vorbild der
Berliner Hydra e.V.-Kooperation. Es sollen mindestens 5 Regionalzentren in Rheinland-
Pfalz aufgebaut werden um eine enge Betreuung der Klient*innen zu ermöglichen
Landesweite Arbeitsgruppe: Es soll eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe (Soziales,
Gesundheit, Integration) zur Koordination eingerichtet werden. Dabei sollen relevante
Akteur*innen, wie z.B. Verbände und NGOs wie proFamilia oder auch die IHK mit
eingebunden sein
Langfristige Landesförderung: Die Finanzierung muss durch Landesmittel mit mind. 60%
sichergestellt werden, um die Abhängigkeit von befristeten Bundesprojekten zu
reduzieren. Auch Mittel aus dem europäischen Sozialfonds können zur Finanzierung
herangezogen werden
2. Best-Practice-Modelle adaptieren
Individuelle Umstiegsberatung: Implementierung des Bremer Models mit intensiver 1:1-
Betreuung durch geschulte Sozialarbeiter*innen, kombiniert mit entsprechenden
Qualifizierungsmaßnahmen wie z.B. Sprachkursen oder Praktika
Kooperation mit Arbeitsmarktakteur*innen: Es braucht fest verankerte Partnerschaften
mit Jobcentern und Bildungsträgern, um die Arbeitsmarktintegration zu systematisieren
3. Fachliche Standards etablieren
Leitfaden für Ausstiegsprozesse: Entwicklung eines landesspezifischen
Handlungsleitfadens durch die oben genannte Arbeitsgruppe mit Fokus auf:
– Niedrigschwelliger Zugang (anonym, kostenlos)
– Psychosozialer Stabilisierung und Gesundheitsversorgung
– Muttersprachliche Beratung durch Dolmetscher*innen
Schulungen für Fachkräfte: Sensibilisierung für Traumata, Stigmatisierung und
rechtliche Hürden (z.B. Aufenthaltsstatus, Leistungsansprüche, etc.)
4. Bestehende Projekte des Bundes nutzen & ausbauen
Bewerbung um Bundesmittel: Rheinland-Pfalz sollte sich aktiv an Ausschreibungen des
BMFSFJ beteiligen
Verstetigung der Bundesmodellprojekte: auf Bundesebene sollen die Mittel für die
Modellprojekte zunächst aufgestockt werden, zudem müssen bereits erfolgreich erprobte
Modelle aus dem Projektstatus heraus, um langfristige Finanzierungssicherheit zu
haben. Perspektivisch soll es eine bundeseinheitliche Finanzierung von
Ausstiegsprogrammen geben
Wir richten uns ausdrücklich nicht gegen Menschen, die freiwillig in der Sexarbeit
tätig sind, sondern wollen gezielt diejenigen unterstützen, die aussteigen wollen –
unter oft sehr belastenden Bedingungen.
Die geforderten Maßnahmen sind notwendig, um den vielfältigen und komplexen Bedarfen
der betroffenen FINTA gerecht zu werden, ihnen echte Alternativen und Perspektiven zu
eröffnen und soziale Teilhabe zu ermöglichen.
Begründung
erfolgt mündlich
