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Antragstext

Motivation zur Veränderung

Als Jusos setzten wir uns seit jeher für einen guten und staatlichen ÖPNV ein. Wir lehnen die Privatisierung des ÖPNVs seit der Bahnreform vor 30 Jahren ab und wollen den ÖPNV auf eine neue Grundlage stellen.Die rechtlichen Grundlagen dafür werden auf europäischer Ebene getroffen. Da nach dem Rechtsruck ein deutlich sozialistischer Ansatz in der Verkehrspolitik im Allgemeinen weiter in die Ferne gerückt ist, wollen wir innerhalb des bestehenden Rahmens eine möglichst sozialistische Lösung für Rheinland-Pfalz finden. Dieser Antrag soll als Grundlage fungieren, der die Grundlage legt für eine soziale Lösung und die damit einhergehenden Veränderungen und Verbesserungen aufzeigen.

Finanzierung und Strukturen:

Der Status Quo

Um die Strukturen des heutigen ÖPNVs und die daraus resultierenden Folgen zu verstehen, muss man in die Vergangenheit schauen. Seit der großen Bahnreform im Jahr 1994 ist durch die Bundesgesetzgebung festgelegt, dass die Bundesländer für den ÖPNV zuständig sind und dafür sogenannte Regionalisierungsmittel zur Finanzierung erhalten. Diese werden primär für den schienengebundenen ÖPNV, auch SPNV bezeichnet, verwendet. Dies beinhaltet damit Nahverkehrszüge wie Regional- oder S-Bahnen, jedoch keine Fernverkehrszüge wie etwa der ICE. Die Bundesländer sind seit dieser Zeit dazu verpflichtet, den Nahverkehr individuell zu organisiere. In Rheinland-Pfalz hat das Land die Verantwortung für den ÖPNV an die einzelnen Landkreise bzw. kreisfreien Städte als zuständige Aufgabenträger weitergereicht, die aber gezwungen sind sich in zwei Zweckverbänden zu organisieren, die dann wiederum primär den SPNV organisieren, bestellen und auch mit den durch den Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln bezahlen. Der öffentliche Straßenpersonenverkehr (Busverkehr) oder auch kurz ÖSPV wird jedoch trotzdem meist durch die Landkreise bzw. kreisfreien Städte selbst organisiert und aus eigenen Mitteln finanziert. Die möglichen Betreiber von Linien, die häufig in sogenannten Bündeln zusammengefasst werden, werden vorwiegend durch Ausschreibungen ermittelt, wobei das Unternehmen, das das wirtschaftlichste (nicht zwingend das günstigste) Angebot eingereicht hat, den Zuschlag erhält. Die Dauer solcher Vergaben ist klassischerweise auf 16 Jahre begrenzt, was bei SPNV-Vergaben auch öfter ausgereizt wird, bei ÖSPV-Vergaben sind es häufig eher nur 10 Jahre. Daraus resultieren zwar auch positive Aspekte, aber eben auch viele negative, etwa der Mittelabfluss an private Unternehmen, verhältnismäßig häufig veränderte Rahmenbedingungen für Beschäftigte oder wenig direkte Einflussmöglichkeiten auf die Qualität des ÖPNV, um nur einige zu nennen.

In-House Vergaben als unser Lösungsansatz

Aus Sicht von uns Jusos müssen wir hier etwas ändern. Im Sinne der Verkehrswende muss ÖPNV mehr in der Hand der Allgemeinheit liegen und darf weniger ein Geschäftsmodell für private Unternehmen sein. Wie es in unserem bestehenden Rechtsrahmen gehen könnte, zeigen einige kreisfreie Städte und sogar einige Flächenlandkreise, die ein stadt-/ bzw. landkreiseigenes Unternehmen mit der Durchführung von Verkehren beauftragen. Das wird als sogenannte “In-House Vergabe” bezeichnet und stellt eine sinnvolle Alternative zu

klassischen Ausschreibungen von Verkehrsleistungen dar. Die Vorteile davon sind umfassend. Zum einen können wir einen staatlich organisierten ÖPNV innerhalb des bestehenden EU- und Bundesrechtes erwirken, was weniger aufwändig und damit auch schneller umgesetzt werden könnte, als eine umfassende Rechtsreform auf EU- und Bundesebene. Zum anderen spielen neben den rechtlichen Thematiken aber primär inhaltliche Aspekte eine entscheidende Rolle. Die Vorteile des ÖPNV, der durch öffentliche Hand organisiert und betrieben wird, liegen auf der Hand. Durch eine langfristige Vergabe

solcher Verkehrsleistungen an ein internes Unternehmen können Investitionen, z.B. in Fahrzeuge oder Infrastruktur, über einen Zeitraum abgeschrieben werden, der die maximal zulässige Dauer von wettbewerblichen Vergaben an private Unternehmen überschreitet. Beim Betrieb durch die öffentliche Hand können besser Synergieeffekte von Verkehrsleistungen im Hinblick auf Fahrzeuge, Personal und Werkstattkapazitäten gezogen werden. Dies senkt die Kosten und schafft darüber hinaus auch mehr betriebliche Flexibilität. Für die Beschäftigten im ÖPNV, sei es das Fahrpersonal oder Mitarbeitende in Werkstätten und Verwaltungen, entstehen langfristig gesicherte Jobs, die mit gewissen sozialen Standards einhergehen, die in der freien Wirtschaft und in wettbewerblichen Vergabeverfahren dem Kostendruck zum Opfer fallen würden. Die nötige Weiterentwicklung des Fahrplans ist mit einer In-House Vergabe einfacher möglich und nicht zwangsweise an eine Bündellaufzeit gekoppelt. Neue Fahrplankonzepte werden heute bei wettbewerblichen Vergabeverfahren in der Regel nur bei einer Neuausschreibung angegangen, jedoch selten mitten in einer Bündellaufzeit Fahrgäste können daher öfters früher in den Genuss von einem attraktiven Fahrplanangebot kommen, was auch eher dazu animiert, vom eigenen Pkw auf den ÖPNV umzusteigen. Darüber hinaus entsteht für Fahrgäste der Vorteil, dass sich Zuständigkeiten und Regelungen reduzieren, etwa beim Ticketkauf, Fahrgastbeschwerden oder der Fahrradmitnahme. Nicht zuletzt entfällt auch das Erbringen von Gewinnen mit ÖPNV-Leistungen.

Das Prinzip der In-House Vergabe, was heute primär auf kommunaler Ebene im ÖPNV stattfindet (z.B. Stadtbuslinien, die durch Stadtwerke betrieben werden) wollen wir Jusos auf ganz Rheinland-Pfalz übertragen. Um das umzusetzen, wollen wir, dass das Land wieder Aufgabenträger für den SPNV wird und somit einfacher landesweite Standards für den

SPNV umgesetzt werden können. Das Land Rheinland-Pfalz soll darüber hinaus eine landeseigene Nahverkehrsbetriebsgesellschaft (im Folgenden LNBG genannt) gründen, die

zukünftig im Auftrag des Landes schrittweise den Schienenverkehr übernimmt und langfristig im Sinne der Allgemeinheit und ohne Gewinnzwänge betreibt.

Neustrukturierung und Finanzierung des ÖSPV

Aus Sicht der Jusos ist nicht nur eine Neustrukturierung des ÖPNVs eine wichtige Angelegenheit, sondern auch dessen Finanzierung. Dabei sind sowohl die Struktur, als auch die Finanzierung des ÖPNVs zwei Seiten derselben Medaille, die zusammen gedacht und

weiterentwickelt werden müssen. Während für den SPNV die Regionalisierungsmittel des Bundes verwendet werden können, ist die Finanzierung des ÖSPV weitestgehend an die Finanzkraft der Kommunen gekoppelt. Seitens des Landesnahverkehrsgesetzes ist ÖPNV zwar eine Pflichtaufgabe der Kommunen, allerdings gibt es noch keine Mindeststandards, ab welchem Umfang diese Pflichtaufgabe als erfüllt angesehen werden kann. Diese Standards sollen mit dem Landesnahverkehrsplan kommen, der aber schon einige Jahre auf sich warten lässt und dessen Vollendung und damit dessen verbindliche Regelungen noch nicht greifbar sind. Zwar wird der Landesnahverkehrsplan landesweite Mindestbedienstandards definieren und damit auch wie viel ÖPNV Pflichtaufgabe ist, allerdings bleibt die Finanzierung des ÖSPV weiterhin bei den Kommunen hängen, was mit Hinblick auf die Finanzkraft einiger Kommunen und Landkreise eine fragwürdige Praktik wäre. Des Weiteren sehen wir insbesondere beim ÖSPV eine gewisse „Kleinstaaterei“, also dass ÖSPV-Angebote an einer Stadt- oder Kreisgrenze enden.

Trotzdem wissen die Kommunen häufig besser, wie ihre ÖPNV-Angebote auszusehen haben, damit sie durch Fahrgäste angenommen werden.

Um diesem Spannungsfeld Rechnung zu tragen, wollen wir für den ÖSPV eine Art Wahlmodell anbieten, bei dem Städte und Landkreise wählen können, wie sie ihren ÖPNV

organisieren wollen.Die erste Wahlmöglichkeit wäre, dass die LNBG in einer Stadt oder einem Landkreis den ÖSPV übernimmt und die Aufgabenträgerschaft an das Land Rheinland-Pfalz übergeht. In diesem Fall würde auch die Finanzierung der Mindestbedienstandards gänzlich an das Land Rheinland-Pfalz

übergehen. Durch den Übergang der Aufgabenträgerschaft hätten Städte und Landkreise nur noch eine beratende Funktion bei der Gestaltung des ÖSPV, sollen aber die Möglichkeit haben mithilfe von Kooperationsverträgen Verkehrsleistungen auf eigene Rechnung bei der LNBG nachzubestellen, die über die Mindestbedienstandards hinausgehen. Die andere Wahlmöglichkeit sieht vor, dass die Kommunen und Landkreise ihren ÖPNV durch ein Verkehrsunternehmen in ihrem Besitz selbst organisieren und die Aufgabenträgerschaft weiterhin auf kommunaler Ebene verbleibt. Eine Mitfinanzierung durch das Land sehen wir mit Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Rheinland-Pfalz als unerlässlich an. Städte und Landkreise haben bei dieser Wahlmöglichkeit deutlich mehr Freiheiten, ihre Fahrplan- und Betriebskonzepte zu gestalten, erhalten durch das Land aber nur eine angemessene, anteilige Finanzierung für die Mindestbedienstandards von 75% des anfallenden Defizits des ÖSPV. Die beiden Wahlmodelle haben jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile, sind aber so ausgelegt, dass eine Aufgabenträgerschaft durch das Land Rheinland-Pfalz für Städte und Landkreise finanziell attraktiver ist ohne, dass ein Zwang dazu besteht, bereits bestehende In-House vergebene Verkehrsleistung auf kommunaler Ebene aufzugeben oder diese in Zukunft zu verhindern. In regelmäßigen Zyklen soll zwischen den Städten und Landkreisen evaluiert werden, ob auf die jeweils andere Wahlmöglichkeit gewechselt werden soll.

Aus Sicht der Jusos ist es erstrebenswerter den ÖSPV ebenso wie auch den SPNV

landesweit möglichst einheitlich zu organisieren, um ein Fahrplanangebot aus einem “Guss” zu ermöglichen und den Verkehr über Stadt- und Kreisgrenzen überschreitend zu planen und durchführen zu können. Daher streben wir an, dass möglichst viele Leistungen des ÖSPV ebenfalls durch die LNBG erbracht werden.

Schaffung von einheitlichen Strukturen im ÖPNV

Aus Sicht von uns Jusos soll die LNBG nicht nur den Betrieb von Verkehrsleistungen sicherstellen, sondern auch die Funktion eines Rheinland-Pfälzischen Verkehrsverbundes übernehmen. Daraus resultiert auch, dass die LNBG nicht nur Schienen- und Busverkehre betreibt, sondern auch das Linien-, Fahrplan- und Betriebskonzept entwickelt, was

ineinander verzahnt sein soll. Grundlage für den SPNV soll der Deutschland-Takt sein. Der ÖSPV soll dann auf den SPNV so abgestimmt werden, dass an möglichst vielen Taktknoten Umsteigebeziehungen in alle Richtungen möglich sind. Neben dem eigentlichen Fahrplanangebot soll die LNBG aber auch einheitliche Beförderungsbedingungen, ein einheitliches Ticketing mit Vertriebsstruktur (bis zur Umsetzung eines kosten- bzw. ticketlosem ÖPNV), einheitliche Fahrgastinformationssysteme und ein einheitliches Beschwerde- und Entschädigungsmanagement für ganz Rheinland-Pfalz bieten. Kommunale Verkehrsbetriebe sollen diese Regelungen und Standards übernehmen, sodass trotz des Wahlmodells für den ÖSPV eine Vereinheitlichung stattfinden kann.

Umsetzungshorizont

Der Zeithorizont zur Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen soll gestaffelt werden. Dies hat mehrere Gründe:

Zum einen erfordern höhere Bedienstandards die Beschaffung von mehr Fahrzeugen, sowohl im SPNV, als auch im ÖSPV, mit entsprechend langen Vorlauf- und Lieferzeiten und zum anderen die Akquirierung von ausreichend Fahrpersonalen. Da ein Auflösen von bereits bestehenden Verkehrsverträgen mit privaten Verkehrsunternehmen in der Regel nur unter sehr speziellen Bedingungen erfolgen kann, würde eine außerordentliche Auflösung solcher Verträge ein hohes rechtliches Risiko und wahrscheinlich auch Entschädigungen an die

heutigen Verkehrsunternehmen bedeuten. Um dieses rechtliche und finanzielle Risiko für die Steuerzahler*innen abzuwenden, sollen bestehende Verkehrsverträge weitergeführt werden, bis sie regulär auslaufen und dann In-House neu an die LNBG oder ein kommunales

Verkehrsunternehmen vergeben werden. Den Jusos ist bewusst, dass die Umsetzung eines ÖPNV in Rheinland-Pfalz aus öffentlicher Hand damit ein Marathon und kein Sprint sein

wird. Allerdings ermöglichen die unterschiedlichen Laufzeiten der bestehenden Verkehrsverträge eine Staffelung der In-House Vergaben an die LNBG, die einen finanziellen (eventuelle Neuanschaffung von Fahrzeugen) und organisatorischen Kraftakt

darstellen. Während wir anstreben, dass der gesamte Verkehr/ das gesamte Netz durch die LNBG selbst erbracht und nicht an Subunternehmer weitergereicht werden, soll zumindest für einen Übergangszeitraum eine Vergabe von (Teil-)Leistungen an Subunternehmer möglich sein.

Im Bereich von Strukturen und Finanzen sind uns dabei folgende Kernanliegen wichtig:

 In-House Vergaben von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) an eine durch das Land zu gründende Landesnahverkehrsbetriebsgesellschaft.

 Ein Wahlmodell für den straßengebundenen Personenverkehr (ÖSPV), das entweder ebenfalls eine Vergabe an die Landesnahverkehrsbetriebsgesellschaft umfasst oder eine In-House Vergabe an ein kommunales Verkehrsunternehmen. Dabei soll in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung, zumindest von gewissen Bedienstandards im ÖPNV gesichert werden.

 Die heute in Rheinland-Pfalz existierenden Verkehrsverbünde sollen in ihrer heutigen Form abgelöst und durch eine landesweit einheitliche Lösung ersetzt werden.

Ökologie und Infrastruktur:

Ein zentraler Bestandteil einer gelungenen Verkehrswende muss die Umstellung auf emissionsfreie Formen der Mobilität darstellen. Hier ergeben sich einige Hürden rechtlicher wie

technischer Natur, die man überwinden muss, wenn besagte Wende auf Landesebene angegangen werden soll. Exemplarisch sollen hier eine Handvoll davon beschrieben und mögliche Lösungen skizziert werden. Auf rechtlicher Seite würde beispielsweise die von uns angedachte LNBG zwar den SPNV betreiben, die dafür notwendige Infrastruktur (Bahnhöfe, Strecken) besitzt allerdings die DB Infra GO, welche Bundeseigentum ist. Der SPNV sollte aber auf Landesebene einheitlich betrieben werden. Eine mögliche Lösung würde hier ein Kooperationsvertrag zwischen Bund und Land darstellen, in welchem klare Aus- und Umbauziele mit entsprechender Finanzierung festgelegt werden. Neben der Steigerung von Kapazitäten und einer perspektivischen Planung der nötigen Infrastruktur für den Deutschland-Takt gehört auch der barrierefreie Umbau von Bahnhöfen und Haltestellen. Im ÖSPV ist der barrierefreie Ausbau von Haltestellen, insbesondere in ländlichen Räumen, in den letzten Jahrzehnten kaum vorangekommen. Auch hier könnten Kooperationsverträge zwischen dem Land und den Kommunen als Bauträger für die Haltestellen helfen, den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen zu beschleunigen.

Um die Verkehrswende zu vollbringen, müssen des Weiteren auch technische Probleme gelöst werden, allen voran die vollständige Elektrifizierung. Das gilt sowohl für den SPNV als auch für den ÖSPV. Im Falle des SPNV müssen möglichst alle Oberleitungen elektrifiziert werden. Wo das nicht möglich ist, stellen Akkuzüge, die Abschnitte ohne adäquate Elektrifizierung befahren können, eine sinnvolle Alternative dar. Beim ÖSPV wiederum ist ein weitläufiger Netzausbau vonnöten, denn eine schnelle Ladung von Akkus für E-Busse bedarf eines Anschlusses mit Mittelspannung. Heute werden Busse relativ verstreut, teilweise auch nachts in öffentlichen Räumen abgestellt. Mit E-Bussen wird dies zukünftig nicht mehr möglich sein. Daher ist es aus unserer Sicht zwingend, dass die LNBG, wenn sie Verkehre übernimmt, sich auch um die Errichtung von Betriebshöfen mit entsprechender Ladeinfrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik kümmert. Für kommunale Verkehrsunternehmen müssen gleiche Ansätze verfolgt werden.

Im Bereich von Infrastruktur und Ökologie sind uns dabei folgende Kernanliegen wichtig:

 Elektrifizierung des Bahn- und Busverkehrs in RLP zentraler Bestandteil einer emissionsfreien Mobilität.

 Die LNBG ist zwar nach einer erfolgten In-House Vergabe zwar Betreiberin von Schienenverkehrsleistungen, allerdings ist die Infrastruktur weiterhin im Besitz der DB InfraGO, die wiederum dem Bund gehört. Um trotzdem einen schnelleren Ausbau der Schieneninfrastruktur zu gewährleisten, sollen Kooperationsverträge den Ausbau sicherstellen. Ähnliche Kooperationsverträge sollen auch mit Rheinland-Pfälzischen Kommunen für den beschleunigten barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen getroffen werden

 Bei einer Übernahme von Verkehren im ÖPSV sollen die LNBG oder kommunale Verkehrsunternehmen eigene Betriebshöfe für Elektrobusse aufbauen

Soziales und Teilhabe:

Mindestbedienstandards im ÖPNV

Der ÖPNV ist ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens und muss soziale Teilhabe ermöglichen. Entsprechend darf ÖPNV, besonders in ländlichen Räumen, nicht nur aus Schulverkehr und einzelnen Fahrten bestehen, sondern muss eine Grundversorgung für alle

Mobilitätsbedürfnisse bieten. Um dies zu erreichen, soll der Landesnahverkehrsplan Mindeststandards definieren. Da jedoch noch offen ist, wann dieser kommt, wollen wir als Jusos selbst solche Mindeststandards definieren, die aus unserer Sicht eine echte Alternative zum Auto darstellen. Wir streben grundsätzlich einen flächendeckenden Stundentakt in ganz Rheinland-Pfalz als Mindeststandard an. Unser Motto muss lauten: “Jeder Ort, jede Stunde”. Uns ist bewusst, dass Rheinland-Pfalz ein Flächenland ist, allerdings gibt es auch erdichtete Räume und Städte, in denen ein Stundentakt definitiv keine attraktive Alternative zum Auto darstellt. Daher sehen wir die Notwendigkeit, eine Bediendichte anhand der verschiedenen Raumtypen vorzugeben. Neben dem Stundentakt in ländlichen Räumen planen wir in verdichteten Räumen mindestens einen Halbstundentakt und in Großstädten mindestens einen Viertelstundentakt. Auf besonders stark frequentierten (innerstädtischen) Ästen soll ein 7,5min-Takt gelten. Diese Bedienstandards sollen zwischen ca. 5 und 20 Uhr gelten. Im Nacht- und Wochenendverkehr soll eine Halbierung der Taktdichte möglich sein, z.B. ein Halbstundentakt anstelle eines Stundentakts. In besonders ländlichen geprägten Regionen oder als Ergänzung zum klassischen Linienverkehr können auch On-Demand Verkehre dienen. Des Weiteren wollen wir speziell für FINTA ein flächendeckendes Angebot an (Nacht-) Taxis einführen, welches insbesondere die sogenannte “Letzte Meile” abdecken soll. Dabei können Taxifahrten mit speziell geschulten Personal zu einem vergünstigten Preis gebucht werden, um ein sicheres Nachhausekommen zu gewährleisten.

Zugangshürden für den ÖPNV überwinden

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist ein bedeutender Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens, der die soziale Teilhabe ermöglicht. Bahnhöfe und Haltestellen

sind eines der Aushängeschilder des ÖPNV und sollten auch entsprechend ausgestattet sein. Neben dem reinen barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen und Haltestellen, sind auch

andere Elemente wichtig, damit sie für alle sinnvoll nutzbar sind. Dazu gehören Sitzgelegenheiten,

Fahrgastunterstände, eine ausreichende Beleuchtung, um Angsträume

zu vermeiden, aber auch Fahrgastinformationssysteme und nach Möglichkeit eine Form der Begrünung. Für größere Knotenpunkte und Bahnhöfe sollen darüber hinaus auch öffentlich zugängliche, kostenlose und gepflegte Toiletten rund um die Uhr zur Verfügung stehen und zusätzlich auch eine Ausstattung mit kostenlosem WLAN erfolgen. Nicht zuletzt müssen aber auch Fahrzeuge entsprechende Qualitätsmerkmale aufweisen. Ausreichend viele sogenannte

Sondernutzungsflächen (z.B. für Rollstühle oder Kinderwagen), podest- und nach Möglichkeit auch rampenfrei zugängliche Sitzplätze und Fahrgastinformationssysteme sind hier aus unserer Sicht ein Muss-

Kriterium. Ebenso

müssen die Fahrzeuge auch über Annehmlichkeiten unserer modernen Gesellschaft verfügen, also z.B. eine Klimaanlage, Steckdosen bzw. USB-Ladebuchsen oder kostenloses WLAN. Für Schienenfahrzeuge ist darüber hinaus auch mindestens eine barrierefreie Toilette je Fahrzeug zwingend.

Die LNBG als soziale Arbeitgeberin

Um einen funktionierenden ÖPNV zu gewährleisten, sind gute Arbeitsbedingungen unerlässlich. Neben der offensichtlich wichtigen guten Bezahlung spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle. Insbesondere für das Fahrpersonal sind die Arbeitsbedingungen im Schichtbetrieb sehr hart. Daher wollen wir den Schichtbetrieb so angenehm wie möglich gestalten. Wir wollen, dass die LNBG für ihre Angestellten im Fahrdienst flächendeckend hochwertige Sozialräume und Toiletten zur Verfügung stellt. Eine Pause irgendwo im Nirgendwo ohne die Möglichkeit, mal eine Toilette aufsuchen zu können, darf nicht der

Standard sein! Die Gestaltung von Diensten ist für das Fahrpersonal essenziell. Rechtlich können bis zu fünfzehn Stunden lange Dienste durchaus zulässig sein, allerdings müssen wir nicht darüber diskutieren, dass solch lange Schichten ziemlich unbeliebt sind und wenig Lust auf den Fahrdienst machen. Die LNBG soll mit Betriebsvereinbarungen eine deutlich humanere Dienstplangestaltung gewährleisten und darüber hinaus auch dafür sorgen, dass das Fahrpersonal favorisierte Dienste bei der Zuteilung angeben kann, um die Zufriedenheit zu erhöhen. Für Fahrer*innen bzw. Triebfahrzeugführer*innen, die z.B. alleinerziehend sind

oder pflegebedürftige Angehörige haben, sollen besondere Vereinbarungen getroffen werden, um ihnen eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern und für planbare

Arbeitszeiten zu sorgen. Ähnliche Regelungen sollen auch für Mitarbeitende im Kundenservice (z.B. Infoschalter oder Zugbegleiter*innen) übernommen werden.

Neben der gesetzlichen Rentenversicherung ist die betriebliche Altersvorsorge essentiell, um das Ziel der Alterssicherung zu gewährleisten, Altersarmut zu verhindern und Teilhabe am Wohlstandsniveau der Gesellschaft auch im Alter sicherzustellen. Daher sprechen wir uns klar dafür aus, dass die LNBG für alle Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anbietet, die neben der gesetzlichen Rentenversicherung ein zusätzliches Standbein im

Alter gewährleisten soll. Darüber hinaus wollen wir, um mehr Auszubildende für den ÖPNV zu gewinnen, die Ausbildungsvergütung auf den Baföghöchstsatz anheben und die innerbetrieblichen Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten von Auszubildenden stärken.

Nicht zuletzt muss das Gehalt auch auf ein Niveau gebracht werden, wovon die Mitarbeitenden gut leben können und was (zumindest im Fahrdienst) den Schichtbetrieb und

die teils harten Arbeitsbedingungen rechtfertigt. Daher wollen wir, dass die LNBG und die Gewerkschaften einen soliden Tarifvertrag aushandeln, der neben einer guten Bezahlung auch elementare Regelungen für die Dienstgestaltung und die Arbeitsbedingungen für das Fahrpersonal und Mitarbeitende im Kundenservice regelt. Dies kann die Zahlung von Samstagszuschlägen, die Erhöhung von Tages- und Wochenruhen über die gesetzlichen Standards hinaus, Wahlmöglichkeiten über mehr Urlaubstage, Arbeitszeitverkürzungen oder ein höheres Gehalt oder Regelungen zur maximal zulässigen Dienstlänge sein. Auch für die

Mitarbeitenden in der Verwaltung und in den Werkstätten müssen attraktive Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die ihrem Arbeitsplatz gerecht werden und tarifvertraglich festgehalten werden. Die Beschäftigten verdienen einen Tarifabschluss, der ihrer Arbeit gerecht wird!

Im Bereich von Soziales und Teilhabe sind uns dabei folgende Kernanliegen wichtig:

 Wir wollen als Jusos eigene Mindestbedienstandards definieren und nicht auf den Landesnahverkehrsplan warten. Eine Bedienung auch in ländlichen Räumen, an Wochenenden und im Spät- und Nachtverkehr sind dabei ein elementarer Bestandteil um eine gesellschaftliche Teilhabe auch ohne Auto zu ermöglichen

 Wir müssen die Zugangshürden zum ÖPNV überwinden und sowohl die Bahnhöfe und Haltestellen, als auch die eingesetzten Fahrzeuge an die heutigen Bedürfnisse der Fahrgäste anpassen. Dabei spielt Barrierefreiheit ebenso eine Rolle wie die Beseitigung von Angsträumen oder die Bereitstellung von kostenlosen Toiletten.

 Wir wollen die LNBG nutzen, um für die Beschäftigten die Arbeitsbedingungen im ÖPNV signifikant zu verbessern. Insbesondere im Fahrbetrieb müssen die Arbeitsbedingungen deutlich gesteigert werden. Daher wollen wir mit Betriebsvereinbarungen und einem guten Tarifvertrag die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten im ÖPNV verbessern.