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Antragstext
Die Kitas bilden das Fundament unseres Bildungssystems. Sie sind meist der erste Berührungspunkt für Kinder mit unserem Bildungssystem und ein Ort, an dem viele soziale Kompetenzen für das spätere Leben erlernt werden. Dennoch gelten sie an vielen Stellen nicht als vollwertige Bildungsinstitutionen. Das hat zur Folge, dass die Bedürfnisse der Kitas häufig ins Hintertreffen geraten. Denn genauso wie in unserem Schulsystem braucht es hier Erneuerung. Marode Gebäude, erschöpfte Fachkräfte und fehlende finanzielle Ausstattung für wichtige Projekte fehlen auch hier. Es geht dabei nicht darum, Schule und Kita gegeneinander auszuspielen, sondern dafür zu sorgen, dass Bildung über alle Ebenen zusammen gedacht wird. Für uns ist klar: Nicht nur die Schule muss zukunftsfähig werden, sondern auch unsere Kitas!
Kita als das anerkennen, was sie sind- Bildungseinrichtungen.
KiTas und vor allem die Arbeit von Erzieher*innen und den weiteren Fachkräften erfährt in unserer Gesellschaft immer noch nicht die Anerkennung, die sie verdient. Die Vorstellung einer vermeintlich einfachen Kinderbetreuung, die “aus Kaffee trinken und ein bisschen spielen” besteht, reproduziert nicht nur patriarchale Bilder, sondern wird in keiner Weise dem gerecht, was in diesen Einrichtungen geleistet wird. Hier werden die wichtigsten Grundlagen für den weiteren Bildungsweg gelegt, das soziale Miteinander erlernt und grundlegende Werte vermittelt. Die Kita ist eine Bildungsinstitution und leistet diese Arbeit in den prägendsten Jahren der Entwicklung eines Kindes. Ohne die Skills ,die Kinder hier erlernen, haben sie sowohl in der Schule als auch im weiteren Verlauf ihres Lebens Nachteile. Wir fordern daher die Anerkennung von Kitas als Bildungsinstitution.
Bildung ist Länder Sache- Die Verantwortung der Kitas auf dieser Ebene ansiedeln
Ob Schule oder Hochschule – die beiden klassischen Bildungseinrichtungen die auf die KiTa folgen sind anders als die Kitas in ihrer Träger*innenschaft im Land angesiedelt. Allein die Ansiedlung der Träger*innenschaft im Land führt schon zu einer Steigerung der Wertschätzung und der Qualitätssicherung dieses Bildungsbereiches. Der Bedarf an Kitas hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Das stellt die Kommunen, die zur Zeit die Hauptverantwortung für diese tragen, vor enorme Herausforderungen. Das führt dazu, dass es durchaus vom Wohnort abhängig ist, wie die Versorgung und die Qualität der Kitasituation vor Ort aussieht. In einem Land, welches sehr viel Wert auf Qualitätssicherung in der Bildung legt, kann es nicht sein, dass die frühkindliche Bildung davon abhängt, wie engagiert, häufig auch ehrenamtliche kommunale Amtsträger*innen sich in knappen Haushaltslagen für die Versorgung von Kindern in unserem Land einsetzen. Ob in Mainz, Trier, Ludwigshafen, Speicher oder Gimmeldingen : Für uns ist klar, dass diese Verantwortung ins Land gehört und dort sichergestellt werden muss, dass jedes Kind in Rheinland-Pfalz den gleichen Zugang zu einer guten Versorgung hat und das unabhängig vom Wohnort.
Dennoch wollen wir die bisher vorherrschende Träger*innenstrucktur nicht nicht komplett exkludieren. Wie bei den Schulen und den Hochschulen sollen auch hier Organisationen und Institutionen und die Kommune vor Ort in Prozesse einbezogen werden und in Teilen auch Verantwortung mittragen. Die zugeteilten Aufgaben oder Begleitprogramme, müssen dennoch finanziell auch von der Seite des Landes gut ausgestattet werden.
Nie ohne mein Team – Erzieher*innen richtig entlasten
Wir kennen die Geschichten von geschlossenen Kitas oder Erzieher*innen im Burnout alle. Das Personal in den Kitas ist häufig überlastet, aber woran liegt das? Der Personalschlüssel wurde mit dem “Gute Kita- Gesetz” doch so gut angepasst, oder? In der Realität sieht das leider nicht so aus. An vielen Stellen fehlt es natürlich an Erzieher*innen, die man nicht einfach aus dem Hut zaubern kann. Dennoch sind die Stundenkontingente zu gering berechnet, um bei Ausfällen eine gute Abhilfe leisten zu können. Ein Personalschlüssel von 1:10 im Bereich der Kinder im Alter zwischen zwei und sechs ist zu hoch, diese sollte ein Verhältnis von 1:7 nicht überschreiten. Des Weiteren fordern wir die Fachkraft-Kind-Relation als Berechnungsgrundlage der erforderlichen Stundenkontingente in den Einrichtungen. Im Gegensatz zum klassischen Personalschlüssel, berücksichtigt diese Rechnung Krankheitsausfälle, Dokumentationsarbeit und Ausfall durch Urlaub.
Des Weiteren kann der Ausbau und Einsatz von Multiprofessionellen Teams den Alltag der Erzieher*innen an vielen Stellen entlasten.
Die Bedürfnisse von Kindern und auch die Elternarbeit werden immer differenzierter und benötigen viel mehr Zeit. Zeit, die die meisten Erzieher*innen durch ihr gesetzliches Stundenkonto nicht haben. Im Bereich der Elternarbeit und der Arbeit mit Kindern mit besonderen Bedarfen könnte die Kita Sozialarbeit Abhilfe leisten. Eine Stelle, die immer mehr Einrichtungen als eine nicht mehr wegzudenkenden Stelle in ihrem Alltag wahrnimmt. Sie können Eltern in Problemlagen beraten und unterstützen, sowie Kinder, auf deren Bedürfnisse in einer Gruppe eventuell nicht genug eingegangen werden kann.
Profilergänzende Kräfte sind ebenfalls ein gutes Konzept zur Entlastung des Kernteams. Hier können fachfremde Personen durch eine Umschulung ihre Expertise aus ihrem vorherigen Beruf einfließen lassen. Von Pflege über Musik bis hin zu Forst gibt es viele Felder, die als profilbildend eingestuft werden. Diese Kräfte sollten in ihren Weiter- und Fortbildungen jedoch so weit ausgebildet werden, dass sie auch die wichtige Dokumentationsarbeit verüben dürfen, um das gesamte Team zu unterstützen.Des Weiteren sehen wir auch noch weitere Bereiche, die das Profil einer Kita gut ergänzen würden, derzeit aber noch nicht in das Portfolio passen. Wir fordern hier ebenfalls einen sinnvollen, aber stetigen Ausbau.
Wie bereits erwähnt, gibt es immer mehr Kinder mit besonderen Bedarfen. In einem Bildungssystem, in dem wir inklusiver werden möchten, benötigt es hier aber eine gute Begleitung der Kinder, die einfach mehr Unterstützung bedürfen. Um den Kindern gerecht zu werden, ist der Einsatz von Integrationshilfen ein wichtiger Schritt, insofern die Person das Kind längerfristig begleiten kann und eine gute Bindung vorherrscht. Leider benötigt eine Beantragung dieser Integrationshilfen sehr viel Zeit und muss durch die Eltern erfolgen. Um Kinder mit besonderen Bedürfnissen aber nicht über einen langen Zeitraum in den Gruppen zu überfordern, fordern wir einen Übergangskontigent an Integrationshilfen, welche Kitas für einen Übergang zur Unterstützung beantragen können.
Neben den Fachkräften in den Gruppen leisten gerade die Leitungen der Kita eine enorme Arbeit. Sie sind häufig auf sich alleine gestellt und springen zwischen Büroarbeit und Unterstützung in den Gruppen hin und her. Die meisten Kitas haben keine Verwaltungskraft und auch das Stundenkontingent für Stellvertretungen ist zu gering. Hier muss nachgebessert werden. Es benötigt mehr Stunden für die Stellvertretungen und auch die Möglichkeit ein Tandem Konzept einzuführen. Dieses Tandem soll jedoch nicht ernannt werden, sondern sich gemeinsam als Leitungsteam bewerben.
Für alle Beschäftigten, die im Rahmen der Kita arbeiten, fordern wir tariflich gebundene, faire Löhne!
Demokratische Beteiligung von Kindern nicht nur auf dem Papier!
Die Kita ist ein demokratischer Ort, an dem Kinder Teilhabe schon früh lernen. Das ist bereits im Gute
Kita-Gesetz festgehalten. Dennoch fehlen an vielen Stellen die Möglichkeiten für Fachkräfte, Fortbildungen zu besuchen und alltägliche Konzepte in den Alltag zu integrieren. Es ist häufig nicht möglich, sich weiterzubilden, ohne dabei den Betrieb lahm zu legen. Dennoch wird erwartet, dass diese Art der Förderungen einfach im Daily Business “mit gemacht wird”. Demokratische Bildung braucht Zeit und in der Arbeit mit kleineren Kindern auch bestimmte Skills, um diese in ihrer Selbstwirksamkeit zu fördern und nicht zu überfordern. Gerade in den aktuellen Zeiten sehen wir, wie wichtig es ist, in diese Form der Bildung zu investieren, da junge Menschen sich nicht gehört fühlen. Wenn Kinder früh lernen, wie wichtig ihre Stimme ist, hat das einen enormen Einfluss auf ihr späteres Leben.
Der Zusammenhang zwischen demokratischer Teilhabe und Klimaschutz ist mittlerweile ganz klar sichtbar. Wer teilhaben möchte, muss erst einmal eine Welt haben, in der dies noch möglich ist. Aus diesem Grund fordern wir ebenfalls, dass jede Kita nicht nur ein Ort der Demokratie ist, sondern auch das Thema BNE (Bildung für Nachhaltige Entwicklung) einen größeren Stellenwert erfährt. Denn die Bildung im Bereich des BNE und der Demokratie sind keine Luxus-Investitionen , sondern notwendig für unsere Zukunft.
Demokratiebildung darf nicht nur eine Maßgabe in einem Gesetz werden, sondern muss durch Rahmenbedingungen gefördert werden. Es braucht Zeit für Fort- und Weiterbildungen der Fachkräfte und auch die Möglichkeit für Projekte durch externe Personen und Institutionen. Hier gilt ebenfalls eine gute Sicherstellung, dass die Projekte nicht zu stark standortabhängig, sondern für alle Kitas in RLP zugängig sind. Auch wenn Externe an Projekten mitwirken, muss die Tarifbindung sichergestellt sein.
Mitbestimmung der Kinder muss auch deutlicher im Kita-Beirat passieren. Im Vergleich der anderen Statusgruppen haben die Eltern hier das größte Mitspracherecht. Die Praxiserfahrungen zeigen jedoch, dass Eltern nicht immer nur zum Wohle der Kinder entscheiden. Aus diesem Grund fordern wir eine Anpassung der Stimmgewichtung der Stimme für Kinder, die durch eine Fachkraft vorgetragen wird. Denn wer Mitbestimmung von Kindern möchte, muss ihre Stimme auch dementsprechend gewichten. Besonders wichtig ist hier, dass sichergestellt wird, dass der Wille und die Meinung der Kinder durch die Fachkraft gewissenhaft vertreten wird. Die Kinder sollen bedarfsgerecht in Entscheidungen eingebunden werden und diese müssen auch, wenn sie im ersten Moment unbequem erscheinen, umgesetzt werden. Denn die Erfahrung, schlechte Entscheidungen zu treffen gehört zum Lernen der Demokratie ebenfalls dazu.
Sprache ist Macht
Sprachförderung ist kein Thema, welches bei einem hohen Förderbedarf im Alltag einfach “mit geleistet” werden kann, sondern es benötigt dazu einen ganz eigenen Rahmen. Als das Bundesprogramm der Sprach Kitas eingestellt wurde und dadurch häufig Personen oder zumindest Stellenanteile in den Kitas entfallen sind, war der Protest groß und das zu Recht. Eine grundlegende Sprachbildung gehört natürlich zum Grundstock der Arbeit in der Kita. Eine intensive Betreuung ist häufig notwendig und kann im Alltag nicht geleistet werden. Es ist klassistisch zu sagen, dass dieses Kontingent im Notfall durch die Erziehung der Eltern aufgefangen werden muss. Gerade in Familien, in denen deutsch nicht die Muttersprache ist, ist die frühe Sprachbildung wichtig für die Kinder, um in unserem Bildungssystem zu bestehen. Denn Sprache ist Macht und wer sie beherrscht, hat viele Vorteile. Wer soziale Ungleichheit abschaffen will, muss diese Förderung in der Kita massiv und mit entsprechend ausgebildetem Personal weiterführen. Deshalb fordern auch wir einen starken Ausbau der Sprachförderungsprogramme, mit entsprechenden Stellenanteilen.
Ernährungsbildung leben!
Kitas werden immer häufiger zu Einrichtungen, die Kinder von klein auf den ganzen Tag besuchen. So braucht es eine gute Versorgung, die den Kindern gerecht wird. Hier müssen Bildungsinstitutionen Vorbilder sein. Gerade wenn Kinder den ganzen Tag in einer Einrichtung verbringen, ist es wichtig, dass sie nährstoffreiches gesundes, regionales Essen erhalten. Häufig erkennt man am Inhalt der Brotdose den Kontostand der Eltern. In einer jungsozialistischen Vorstellung von einem guten Miteinander kann das nicht sein. Wir fordern aus diesem Grund ein kindgerechtes, kostenloses, gesundes Frühstück und Mittagessen, für alle Kinder. Diese soll im besten Falle vor Ort zubereitet werden. Denn das gemeinsame Essen ist ein wichtiger Lern- und Erfahrungsraum und es ist wichtig, dass die Kinder hier unabhängig vom Elternhaus die Möglichkeit haben einen gesunde Ernährungsweise zu erlernen. Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme.
Bildung ist ein Prozess- Bildungsphasen zusammendenken
Bildung ist ein Prozess, der aufeinander aufbaut. Übergänge von einer in die nächste Bildungsinstitution können dabei zu großen Brüchen führen. Aus diesem Grund sind flüssige Übergänge besonders wichtig. Häufig gibt es kurz vor dem Übergang von Kita zur Schule kurzweilige Kooperationen. Für einen
gelungenen Übergang benötigt es mehr als nur einen Schulbesuch. Kitas und Grundschulen sollten immer mehr gemeinschaftlich gedacht werden. Sowohl konzeptionell als auch räumlich.Längerfristige Kooperationen, Implementierungen von teiloffenen Konzepten aus der Kita in den ersten Jahren der Schule oder auch stärkere räumliche Kooperationen würden die Übergänge vereinfachen.Bildung darf nicht weiterhin in Institutionen gedacht werden, sondern in Bildungsstufen mit verschiedenen Phasen, in den auch die Übergänge kleiner werden.
Das sieht hier ja aus wie vor 30 Jahren
Wie bereits erwähnt, verbringen Kinder immer mehr Zeit in Einrichtungen wie der Kita. Die Gestaltung der Räumlichkeiten und die generelle Umgebung ist dabei häufig leider noch auf dem Stand des letzten Jahrtausends. Durch fehlende Investitionen verbringen Kinder bereits in den jüngsten Jahren ihres Lebens sehr viel Zeit in Umgebungen, in denen es schwer fällt, sich wohlzufühlen. Wir wissen mittlerweile sehr gut, welchen Einfluss die Umgebung auf das Wohlergehen eines Menschen hat. Hier muss investiert werden Wir benötigen auch in diesem Bereich massive Investitionen in die räumliche Infrastruktur, um diese an modernen Anforderungen anzupassen und gesundheitsförderlich zu gestalten.
Her mit dem Geld- Sachkostenetat niedrigschwelliger gestalten
In einem kapitalistischen System ist Geld leider ein wichtiger Grundpfeiler. Viele Kitas haben tolle Ideen oder wollen Projekte umsetzen. Leider scheiterte es hier häufig am Geld. Je nach Träger*innenschaft sind die Etats klein oder die Beantragung kompliziert. Das hemmt den Alltag der Fachkräfte ungemein. Denn Bastelmaterialien, Spiele und anderes wichtiges Equipment ist so häufig nicht zur richtigen Zeit vorhanden. Es benötigt hier eine schnelle und unkomplizierte Beantragung und eine Höhe der Etas die, die Bedarfe der Einrichtungen wirklich abdeckt. Hierbei muss auch Wert darauf gelegt werden, keinen riesigen Bürokratieapparat aufzubauen, um die Erzieher*innen und Leitungen nicht zusätzlich zu belasten.
Schuldenbremse ist die Zukunftsbremse
Neben einer strukturellen Umwandlung des Systems, die neben Gewerkschaften auch immer in Kooperation mit den Menschen aus der Praxis erfolgen, müssen wir investieren. Kitas sind an vielen Stellen marode und für eine gute Bildung finanziell zu schlecht ausgestattet. Wer sich als Bildungsland Nummer eins bezeichnen will , darf nicht nur seit Jahren stolz auf eine gebührenfreie Kita sein, sondern muss auch in die Infrastruktur investieren und das nicht morgen. Denn wir schauen seit Jahren weg und bekämpfen Symptome und nicht die Ursachen. Die Schuldenbremse muss auch im Land endlich abgeschafft werden. Es braucht jetzt eine Investition in die Kitas, um unsere Generation von morgen fit für die Zukunft zu machen.