Antragsteller*in

Jusos Rheinland-Pfalz

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Juso-Bundeskongress

Antragstext

Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, eine neue Kennzeichnungspflicht für alle verpackungspflichtigen Lebensmittel zu erlassen. Diese Kennzeichnungspflicht soll wie folgt ausgestaltet sein:

Die Bundesregierung beruft eine ständige Expert*innenkommission ein, die den Auftrag hat, unter Betrachtung von Aspekten von Public Health noch vertretbare Grenzwerte für Fett, Zucker und Salz nach Produktklassen zu definieren und festzusetzen. Produkte, die einen der jeweiligen Grenzwerte überschreiten, sollen mit einem an einer deutlich sichtbaren Stelle platzierten Warnhinweis versehen werden. Dieser soll eindeutig erkennbar darauf hinweisen, dass das Produkt zu viel Fett, Zucker oder Salz enthält. Für jede der Prüfdimensionen soll ein eigenes Kennzeichnungssymbol verpflichtend sein.

Für Lebensmittel, die nach der neuen Kennzeichnungspflicht mit mehr als einem Warnsymbol versehen werden, ist ein generelles Werbeverbot zu verhängen. Weiterhin soll dieses Werbeverbot schon ab einem Warnhinweis gelten, sofern sich die betroffenen Produkte durch ihre Natur oder Bewerbung explizit an Kinder richten.

Begründung:

Die Anteile von Zucker, Salz und Fett in – vor allem industriell gefertigten – Lebensmitteln, sind in Deutschland in den letzten Jahrzehnten merklich angestiegen. Fett, Zucker und Salz finden sich mittlerweile in nicht geringen Mengen auch in Lebensmitteln, in denen sie historisch betrachtet nie in nennenswerten Mengen enthalten waren. Dies soll dazu dienen, verschiedene industriell geprägte Geschmacksaspekte der Konsument*innen zu befriedigen. Der dadurch entstehende langfristige Gesundheitsschaden wird dabei außer Acht gelassen. Verschiedene Länder haben in diesem Kontext bereits eine Vorreiterrolle eingenommen und haben Maßnahmen ergriffen, um diesem Umstand Herr zu werden. Großbritannien zum Beispiel gelang es durch das Einführen einer Zuckersteuer, den Zuckergehalt in Softdrinks im Zeitraum von 2015 bis 2018 von 4,4 auf 2,9 Gramm pro 100ml zu reduzieren1.  Die Ablehnung solcher Instrumente oder Kennzeichnungspflichten mit dem Ziel der Reduktion von Zucker und anderen Stoffen in Lebensmitteln und der als besser beschriebenen Alternative der freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie der ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, haben sich als unzureichend erwiesen. Insbesondere wir in Rheinland-Pfalz wissen, dass von Julia Klöckner auch nichts anderes zu erwarten war. Die von ihr vielfach vorgetragene Argumentation, dass der Staat nicht die „Geschmackspolizei“ sei und die Bürger*innen in einem solchen verpflichtenden Fall dann z.B. „Nachzuckern“ würden, hat sich mittlerweile in verschiedenen internationalen Beispielen als völlig haltlos bewiesen. Auch bei dem von ihr eingeführten Nutri-Score handelt es sich weiterhin um eine freiwillige Selbstkennzeichnung der Industrie und eben nicht um eine verpflichtende Kennzeichnung. Zudem ist durch den allgemeinen Bewertungsanspruch des Nutri-Score nicht ersichtlich, welchen Anteil zu viel Fett, Zucker und Salz an der Bewertung haben bzw. ob oder wodurch ein zu hoher Gehalt an Fett, Zucker und Salz in der Bewertung gegebenenfalls ausgeglichen wird2.  Entsprechend ist eine Kennzeichnungspflicht für gesundheitsschädliche Lebensmittel längst überflüssig, um für die Bürger*innen sichtbar zu machen, was genau sie täglich konsumieren.

Quellen

1Bandy, L.K., Harrington, R.A., Jebb, S. A., Rayner M., Scarborough, P.: Reductions in sugar sales from soft drinks in the UK from 2015 to 2018, In: BMC Medicine 18, 20 (2020).

2Verbraucherzentrale: Nutri-Score: Erweiterte Nährwertkennzeichnung feiert ersten Geburtstag, November 2021.

3Dorlach, Tim: Zu fettig, zu süß – wie Chile Lebensmittel verbannt, Mai 2018.

Bandy, L.K., Harrington, R.A., Jebb, S. A., Rayner M., Scarborough, P., Reductions in sugar sales from soft drinks in the UK from 2015 to 2018, In: BMC Medicine 18, 20 (2020) (https://bmcmedicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12916-019-1477-4).

Dorlach, Tim: Zu fettig, zu süß – wie Chile Lebensmittel verbannt, Mai 2018 (https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-04/lebensmittelkennzeichnung-chile-ungesunde-lebensmittel-gesundheitsministerium?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F).

Vebraucherzentrale: Nutri-Score: Erweiterte Nährwertkennzeichnung feiert ersten Geburtstag, November 2021 (https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/nutriscore-erweiterte-naehrwertkennzeichnung-feiert-ersten-geburtstag-36561#:~:text=das%20Modell%20festgelegt.-,Nutri%2DScore%20bereits%20ein%20Jahr%20in%20Deutschland%20erlaubt,in%20Deutschland%20freiwillig%20zu%20verwenden.)