Antragsteller*in
Trierer Jusos
Zur Weiterleitung an
Landesparteitag der SPD Rheinland-Pfalz, Juso-Bundeskongress
Antragstext
Vor Arbeitsantritt muss von haupt- und ehrenamtlichen Personen, die Kinder oder Jugendliche beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder einen vergleichbaren Kontakt haben, ein erweitertes Führungszeugnis eingeholt werden. Dies ist im §72a im SGB 8 eindeutig geregelt, die Umsetzung erfolgt in der Praxis oft anders: Häufig wird das erweiterte Führungszeugnis erst nach dem erstmaligen Arbeitsantritt vorgelegt.
Daher fordern wir, dass die öffentliche Jugendhilfe hier eine stärkere Kontrollposition einnehmen muss: Sie soll bei Trägern, Vereinen sowie der freien Jugendhilfe prüfen, ob der Arbeitsantritt haupt- und ehrenamtlicher Personen tatsächlich erst nach Vorlage und Prüfung des erweiterten Führungszeugnisses nach §72a SGB 8 stattfindet.
Begründung
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe das höchste Gut. Dieses Gut gilt es zu schützen. Daher ist es wichtig, dass es so genaue Gesetzesregelungen wie in §72a SGB 8 gibt. Straftaten, die in einem erweiterten Führungszeugnis vermerkt werden würden beziehen sich auf Verurteilungen wegen
- einer Sexualstraftat (§§174 bis 180 oder §182 des StGB)
- weitere Sexualdelikte (§§180a, 181a, 183 bis 184g, 184i bis 184l StGB)
- nach den für den Schutz von Kindern und Jugendlichen besonders relevanten Straftatbeständen (§§171, 201a Absatz 3, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB)[1].
Im Rahmen der haupt- oder ehrenamtlichen Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe wird ein solches erweitertes Führungszeugnis von den Arbeitgeber*innen eingefordert. Nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist der Eingang und die Prüfung des erweiterten Führungszeugnisses durch die Arbeitgeber*innen vor dem Arbeitsantritt notwendig. Aus der Praxis kennt man aber andere Fälle: Die Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses dauert je nach Behörde unterschiedlich lange, viele Arbeitgeber*innen fordern daher nur die Nachreichung “in der nächsten Zeit”. Gerade im Ehrenamtsbereich gibt es immer wieder Fälle, in denen gar keine erweiterten Führungszeugnisse – trotz widersprechender Gesetzeslage – gefordert werden.
Da das Einholen und Prüfen dieser Zeugnisse dem Schutze von Kindern und Jugendlichen dient, ist dies eine nicht duldbare Praxis. Hier kommt in unserem Antrag die öffentliche Jugendhilfe ins Spiel: Diese hat laut §72a, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 SGB 8 die Aufgabe, Vereinbarungen mit den Trägern, Vereinen und der freien Jugendhilfe zu treffen, die die Einholung und Prüfung der erweiterten Führungszeugnisse regelt. Somit hat die öffentliche Jugendhilfe eine leitende Aufgabe. Diese wollen wir durch die Kontrollfunktion erweitern, damit die Nichtbeachtung des §72a, wie wir sie schon mehrfach in der Praxis miterleben konnten, nicht weiter stattfindet.
Dieser kleine Schritt hat die Möglichkeit, die Sicherheit junger Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe weiter zu erhöhen. Es bietet die Basis dafür, ein wichtiges Gesetz tiefer in der Arbeitsweise der entsprechenden Stellen zu verankern.
[1] Quelle: Bundesamt für Justiz, n.d., “Was ist ein erweitertes Führungszeugnis?”. Verfügbar unter: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/BZR/Inland/13.html [zuletzt abgerufen am 25.05.2022]