Antragsteller*in

N.N.

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N.N.

Antragstext

Wir fordern die EU auf, die Mitgliedsstaaten dazu zu verpflichten, die Steuer zu senken, mit dem Ziel, menstruierenden Personen den diskriminierungsfreien Erwerb notwendiger Hygieneartikel ermöglichen zu können. Des Weiteren fordern wir, dass die Steuer auf Hygieneartikel in Deutschland zumindest abgesenkt und unter Verwendung des verminderten Steuersatzes jedoch langfristig ausnahmslos abgeschafft wird.

Begründung

Jede Frau* hat monatlich drei bis sieben Tage lang und rund 444 Mal im Leben ihre Regelblutung. Im Durchschnitt verbraucht sie 16.800 Tampons in ihrem Leben. Keine Frau* empfindet diesen Zustand, der sie auch noch unfreiwillig auf das ganze Leben geschätzt 2000 Euro kostet, als Luxus. Im Gegenteil: Neben Schmerzen und Unwohlsein kommt noch die Tabuisierung des Menstruierens hinzu. Ungeachtet der Tatsache, dass nahezu jede zweite Person auf diesem Planeten menstruiert, erscheint das Thema in der Öffentlichkeit nicht sonderlich erwünscht. Vielleicht ist dies auch ein Grund, warum Tampons, Binden und andere Hygieneartikel in vielen Ländern dieser Welt in die Kategorie der Luxusartikel und werden gehören auch als solche besteuert.

In Deutschland gibt es für notwendige Produkte den verminderten Steuersatz von sieben Prozent. Dieser gilt heutzutage außerdem für Lachskaviar oder Trüffel, während die Steuer bei Tampons und anderen Hygieneartikeln weiterhin 19 Prozent beträgt. Durch den ermäßigten Steuersatz sollen seit 1968 Geringverdiener*innen entlastet werden – und zwar bei Gütern des täglichen Gebrauchs. Hygieneartikel sind Produkte, die einen essenziellen Teil des öffentlichen Lebens für Leute, die menstruieren, darstellen. Insbesondere für Mädchen* und Frauen* mit geringem oder gar keinem Einkommen stellt die Steuer ein Problem dar. Wenn das Budget den Kauf von Hygieneprodukten nicht zulässt, gehen viele nicht zur Schule oder lassen die Arbeit für einige Tage monatlich ausfallen.

Hinzu kommt, dass Frauen* in Deutschland 22 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen und dabei gleichzeitig mehr Kosten für essenzielle Produkte ausgeben müssen. Zudem muss frau* im Durchschnitt mehr für Produkte bezahlen, die speziell für sie hergestellt werden. Zudem bezahlen Frauen* im Vergleich zu Männern* oft mehr für identische Produkte, wie zum Beispiel Rasierer. Dieser Aufschlag auf Produkte wird auch pink tax genannt und betrug 2015 laut Verbraucherzentrale in Hamburg zwischen 17 und 42 Prozent. Dieser Aufschlag auf Produkte, die ausschließlich von Frauen* gekauft werden und lebensnotwendig sind, ist nicht nur willkürlich, sondern vor allem diskriminierend. Mittlerweile haben sich auch in Deutschland Aktivist*innen, wie die Initiator*innen von blood ties dem Thema der unfairen Geschlechtersteuer, insbesondere der Tampon-Steuer, angenommen und versuchen, unter anderem durch die gestartete Petition auf Change.org, die bereits etwa 32 000 Unterstützer*innen zählt, Druck auf die politischen Akteur*innen auszuüben, um den angewendeten Mehrwertsteuersatz für Hygieneartikel in Deutschland zu senken.

Warum jedoch müssen Frauen in fast jedem Land extra Geld bezahlen, um nicht durch ihre Regelblutung sichtbar in der Öffentlichkeit bloßgestellt zu werden?

Es gibt kein einzig vorstellbares Argument, welches dennoch nicht Grund genug ist. Die meisten Hygieneartikel werden aus Baumwolle und Plastik hergestellt. Da diese Produkte Wegwerfartikel sind, könnte frau sagen, Menstruierende müssen ihren Konsum mittels Sanktionen – im Sinne der Nachhaltigkeit – reduzieren. Jedoch ist dies weder sinnvoll, noch hilfreich, da Frauen* erstens nicht wegen dieser Steuer ihren Konsum notwendiger Produkte verringern können, und da zweitens gar umweltfreundliche Alternativprodukte, wie beispielsweise Menstruationstassen, den herkömmlichen Umsatzsteuersatz aufweisen.

Nun könnte gesagt werden, dass keine Frau* oder jedwedes Lebewesen, welches menstruiert, sterben wird, wenn etwa keine Binden vorhanden sind. Doch inwiefern würde sich der Alltag von Frauen* und Mädchen* verändern, gäbe es keinen Zugang zu Hygieneartikeln? Das würde bedeuten, dass sie während des Zeitraums ihrer Periode nicht zur Arbeit, zur Schule, in die Uni, zum Sport gingen oder an etwaigen Freizeitaktivitäten teilnehmen können. Selbstverständlich könnte Frau* auch ohne. Aber ist es denn einer menstruierenden Person zumutbar, den gesamten Tag über mit einem Knäuel Toilettenpapier in der Unterwäsche umherzulaufen?

Diese Art der Diskriminierung erleben Mädchen* und Frauen* in Entwicklungsländern in weit ausgeprägter er Form: Hier gehen Mädchen* während ihrer Tage nicht zur Schule, aus Scham, wegen eines blutverschmierten Kleidungsstückes noch weiter gesellschaftlich marginalisiert zu werden. In diesen Ländern ist die Versorgung mit entsprechenden Hygieneartikeln nicht gewährleistet und wirkt sich demnach strukturell aus: Diesen Mädchen wird somit die Teilnahme am gesellschaftlichen Miteinander jeglicher Art verwehrt. So verpassen sie zum Beispiel essenziellen Lehrstoff, was ihnen wiederum – auf lange Sicht – zum Nachteil in ihrem zukünftigen Berufsleben gereicht. Das bedeutet ebenso, dass Frauen*, die aufgrund ihrer Herkunft mit Blick auf ihren Bildungsstand, sowie ihren sozialen und ethnischen Hintergrund, (finanziellen) Zugang zu diesen Produkte haben. Die Senkung der Mehrwertsteuer bei Tampons und Binden, also grundsätzlich benötigten Produkten, ist deshalb ein wichtiger und nötiger Schritt in eine gerechtere Gesellschaft.

Da dieser Aufschlag kein deutsches Problem, sondern einen globalen struggle darstellt, hat die EU-Kommission zuletzt beschlossen, dass die Mehrwertsteuer bei Hygieneprodukten in jedem Land auf null Prozent gesenkt werden kann und, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, selbst darüber zu entscheiden, mit welchem Prozentsatz sie diese Hygieneartikel besteuern wollen. In Frankreich haben die Aktivist*innnen vom Georgette Sand-Kollektiv bereits eine Senkung auf 5,5 Prozent erreicht. Neben Frankreich und Großbritannien haben in der EU außerdem Irland, Spanien und die Niederlande die Steuer auf einen Niedrigsatz gesenkt. In Kanada wurde die Steuer sogar komplett gekippt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es die sogenannte tampon tax in den meisten Ländern der Welt mit Ausnahme von Irland, Jamaika, Nicaragua, Nigeria, Tansania, dem Libanon und Kenia, wo es des Weiteren keine Importsteuer auf Hygieneprodukte gibt. Jedoch existieren auch Negativbeispiele, wie Griechenland. Dort wurde die Steuer auf Hygieneartikel angesichts der von der EU verordneten Sparmaßnahmen sogar noch angehoben.

Der hohe Mehrwertsteuersatz auf Hygieneartikel kommt einer Geschlechtersteuer gleich. Er benachteiligt Frauen*, Transpersonen und queere Menschen finanziell, einzig und allein aufgrund ihrer reproduktiven Rolle. Die Abschaffung oder Senkung des Steuersatzes würde allen Frauen* zugutekommen und insbesondere Geringverdienende entlasten. Eine Steuer auf Tampons, Binden und Menstruationstassen summiert sich, kombiniert mit der institutionellen Diskriminierung, die viele Frauen, Transpersonen und queere Menschen und andere Menstruierende erleiden. Diese Problematik wird besonders dann deutlich, wenn man*frau einen Blick auf ihre prekäre sozio-ökonomische Lage wirft.

Würden Hygieneartikel als notwendige Produkte des Alltags anerkannt, anstatt diese als Luxusartikel zu deklarieren, wäre dies ein Anfang, um dazugehörige Aspekte, wie period shaming und Stigmatisierung, welche Millionen von Menstruierenden das Leben erschwert und zugleich zu Erkrankungen oder sogar dem Tod führen können, entgegenzuwirken.