Antragsteller*in

N.N.

Zur Weiterleitung an

SPD Landesvorstand RLP, rheinland-pfälzische SPD Bundestagsabgeordnete, Juso Bundeskongress

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Der Gesetzgeber wird aufgefordert, im Rahmen der Reform der Erbschaftsteuer durch eine marktnahe Bewertung aller Vermögensarten für einen deutlichen Zuwachs der Steuereinnahmen zu sorgen.

Die heute bestehenden persönlichen Freibeträge bei der Erbschaftsteuer sind ausreichend und angemessen. Besondere Begünstigungen für Betriebsvermögen lehnen wir ab.

Die Jusos RLP befürworten die Umwandlung der Erbschaftssteuer in eine Nachlasssteuer – d. h. die einheitliche Versteuerung VOR der Aufteilung der Erbteile anstatt der Staffelung nach Verwandtschaftsgrad.

Begründung:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 7.11.2006 – 1 BvL 10/02 die Bewertungsgrundlagen für die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärt. Damit wird insbes. der seit Jahren bekannte Sachverhalt moniert, dass Finanzvermögen zum Marktwert angesetzt wird, während die Bewertung des Immobilien- und Grundvermögens nicht annähernd den Verkehrswert widerspiegelt. Für sich genommen, würde eine Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zu deutlichen Mehreinnahmen führen.

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform wird seitens der Bundesregierung – insbesondere der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – auch eine Begünstigung von Betriebsvermögen gefordert, die die bisherigen, intransparenten Begünstigungsregelungen in diesem Bereich ersetzen sollen („Abschmelzmodell“). Im Falle der Betriebsfortführung für zehn Jahre sieht der Koalitionsvertrag der großen Koalition einen Erlass der auf sog. „produktives Vermögen“ entfallenden Erbschaftsteuer vor.

Weder für die alten Instrumente zur Erleichterung der sog. Unternehmensnachfolge noch für weitere Steuersubventionen auf diesem Gebiet besteht eine sachliche Notwendigkeit. Die Jusos Rheinland-Pfalz erkennen die Bedeutung des Mittelstandes für unsere Wirtschaft an. „Mittelstandsfolklore“ muss allerdings dort enden, wo auf Kosten der Allgemeinheit eine bestimmte Gruppe von der Mitfinanzierung der Staatstätigkeit ausgenommen werden soll.

Die Umwandlung in eine Nachlasssteuer würde das Steuersystem an der Stelle vereinfachen und entbürokratisieren und der veränderten, liberalisierten Realität von Verwandtschafts- und anderen sozialen Beziehungen in unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Der Staffelung nach Verwandtschaftsgrad nach der Aufteilung der Erbschaft liegt ein konservatives Familienbild zugrunde, das bestimmte Verwandtschaftsverhältnisse auf einer überholten Grundlage gegenüber real evtl. viel engeren Beziehungen positiv sanktioniert. Hier ist ein Rückzug des Staates sinnvoll, um neuen, individuell passenderen Formen von sozialen, intimen und familiären Beziehungen Raum zu geben und sie nicht aufgrund des fehlenden Kriteriums der Blutsverwandtschaft oder formalen „Ehe“ zu diskriminieren.