Antragsteller*in
N.N.
Zur Weiterleitung an
Juso Bundeskongress
Antragstext
Die Landeskonferenz möge beschließen:
Wir sprechen uns gegen ein Verbot von Videospielen und Sportarten aus und fordern die SPD in Land und Bund auf, sich deutlich gegen die populistischen Forderungen nach einem Verbot von „Killerspielen” zu positionieren und Gesetzesinitiativen, die in diese Richtung gehen, nicht mitzutragen. Außerdem fordern wir die SPD auf, sich mit den gesellschaftlichen Hintergründen von Amokläufen verstärkt auseinander zu setzen.“
Begründung:
Nach jedem Amoklauf, sei es in Erfurt 2002 oder in Emsdetten 2006, werden vor allem von Seiten der Union Forderungen nach einem Verbot von Videospielen mit gewalttätigen Inhalten laut. Das verunglimpfende Wort „Killerspiel” hat sich hierfür in der Berichterstattung eingebürgert, obwohl es keine Definition gibt, was denn unter diese zu verbietende Kategorie gehört. Damit wird eine ganze Branche sowie eine Vielzahl von Nutzern unter einen wissenschaftlich unbegründeten Generalverdacht gestellt.
Videospiele sind ein fester Bestandteil der Jugendkultur und so weit verbreitet, dass sich Kausalzusammenhänge aus dem Besitz solcher Software und dem Begehen von Amokläufen nicht ziehen lassen können. Die Videospielbranche setzt im Jahr mehr um als es beispielsweise die Filmindustrie tut. Nach einer Prognose des Fraunhofer Instituts wird die Branche im Jahre 2008 in Deutschland einen Umsatz von 3 Milliarden € erzielen, die Filmindustrie wird zum Vergleich unter 1 Milliarde € bleiben. Allein im Jahr 2006 wurden über 3 Millionen Konsolen in Deutschland verkauft, 2005 waren es 2,5 Millionen. Fast jeder Jugendliche hat schon Videospiele gespielt, sehr viele besitzen Systeme wie Konsolen oder nutzen PCs für Computerspiele. Bei dieser Verbreitung ist es alles andere als verwunderlich, dass die meisten Amokläufer Videospiele, darunter auch in ihrer Alters- und Geschlechtsgruppe nicht unübliche Spiele mit Gewaltinhalten, besaßen und gespielt haben. Der Amokläufer Cho Seung-hui vom jüngsten Schulmassaker an der Virgina Tech in den USA vom 16.April 2007 besaß hingegen keine Videospiele und soll auch keine gespielt haben. Verschiedene Studien belegen zudem, dass nicht Spiele mit Gewaltinhalten gewaltbereite Jugendliche machen, sondern das sich gewaltbereite Jugendliche solche Spiele suchen.
Es gibt keine eindeutigen wissenschaftlichen Studien, die einen direkten Zusammenhang zwischen Videospielen und Gewalttaten herstellen, auch wenn das von der Union gerne behauptet wird. Auch die Analyse zum Thema „Medien und Gewalt“des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konnte keine Belege für einen Zusammenhang zwischen Videospielen und Gewalttaten finden. Unter anderem heißt es hier: „In Bezug auf die Nachahmung in den Medien gezeigter Gewalttaten herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass Imitationseffekte zwar möglich sind, diesen aber kein simpler und direkter Ursache-Wirkungs- Zusammenhang zugrunde liegt […]” Über negative Auswirkungen von Videospielen gibt es „noch keine überzeugenden empirischen Belege.” Die Studie kommt zum Schluss, dass es nicht angebracht sei, „Mediengewalt zum Sündenbock für Gewalt in der Gesellschaft zu stempeln.”
Trotzdem fordern Politikerinnen und Politiker von CDU und CSU ein Verbot solcher Spiele. Der bayrische Innenminister und designierte Ministerpräsident von Bayern, Günther Beckstein, geht gar soweit, Herstellung, Vertrieb und Kauf solcher Spiele mit bis zu einem Jahr Haft bestrafen zu wollen. Damit fordert die Union nicht nur die Bevormundung jugendlicher Freizeitgestaltung, sondern will auch Freiheitsrechte erwachsener Menschen in radikaler Weise beschneiden.
Dabei gibt es in Deutschland bereits mit den schärfsten Jugendschutz weltweit. Videospiele mit Gewaltinhalten können von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bereits indiziert werden. Es gibt verbindliche Altersbeschränkungen, auch wenn diese nicht immer wie vorgeschrieben eingehalten werden. Die Branche reagiert schon mit Selbstzensur deutscher Versionen. Trotzdem gibt es hier nicht weniger Amokläufe und Gewalttaten als in Ländern wie Japan oder Österreich, die über eine weitaus liberalere Gesetzgebung verfügen.
Umfragen zeigen, dass die Zustimmung zu einem Verbot von Videospielen mit steigendem Alter zunimmt. Das zeigt, das diejenigen, die einen solchen Schritt fordern, meist wenig bis nichts mit den betroffenen Medien zu tun haben. Dies dürfte auch für besagte und betagte Berufspolitiker aus CDU und CSU zutreffen. Die Verteufelung neuer Medien ist ein Reflex, der sich durch die gesamte Geschichte zieht und Ausdruck einer Angst vor Neuem und Unbekanntem beinhaltet. Ob Bücher, Zeitungen, das Fernsehen, jugendliche Musikrichtungen oder eben jetzt Internet und Videospiele – alle Medien hatten bei ihrer Einführung mit erheblichen Widerständen aus dem meist konservativen Lager zu kämpfen.
Auch wenn sich die Diskussion vor allem auf Videospiele wie „Counter Strike” beschränkt, beinhaltet die Verbotsforderung auch ein Verbot der Sportart „Paintball”. Auch hier gibt es keine Belege für Zusammenhänge zwischen der Ausübung dieses Sports und einer steigenden Gewaltbereitschaft. Wie bei den Videospielen ist es auch hier übrigens so, dass sich unter den Ausübenden eine große Zahl an Kriegsdienstverweigern befinden, die Krieg und Gewalt generell ablehnen. Vermutlich stärker, als dies Günther Beckstein tut.
Deshalb fordern wir, die Freiheiten der individuellen Freizeitgestaltung jugendlicher und erwachsener Menschen und die künstleriche und wirtschaftliche Freiheit den Videospiele nicht durch ein Verbot von bestimmten Videospielen oder Sportarten zu beschneiden.