Antragsteller*in

N.N.

Zur Weiterleitung an

SPD-Bundestagsfraktion, SPD-Parteitag, Juso-Bundeskongress

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Die Deutsche Bahn AG hat dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrs-befürfnissen zu dienen. Darunter ist die Personen- und Güterbeförderung auf der Schiene zu verstehen.

Die Jusos Rheinland-Pfalz lehnen den Verkauf dieses Kerngeschäftes der Deutschen Bahn AG an Finanzinvestoren ab.

Das gilt insbesondere für den Teilverkauf des Bahnnetzes und der Infrastruktur. Diese müssen vollständig in der Hand des Bundes bleiben. Der Bund hat hier seine verfassungsmäßige Aufgabe gemäß Artikel 87e GG zu erfüllen.

Statt die Deutsche Bahn AG an Investoren, die nur an hohen Renditen interessiert sind, zu verkaufen, soll die Deutsche Bahn als öffentliches, ökologisches und flächendeckendes Verkehrssystem mit überschaubarer Tarifstruktur im Verbund mit regionalen Verkehrsträgern erhalten und weiter verbessert werden.

Sie muss wieder zur Bahn der Bürgerinnen und Bürger gemacht werden und Strukturen schaffen, die ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber Auto und Flugzeug verbessern.

Begründung:

Die Deutsche Bahn hat sich unter ihrem Vorstandvorsitzenden Hartmut Mehdorn zu einem weltweit agierenden Logistikunternehmen entwickelt. Auf Pump wurden Unternehmen gekauft, die nichts mit der eigentlichen Aufgabe der Bahn zu tun haben. Dadurch ist die Bahn inzwischen zwar zum weltweit zweitgrößten Luftfrachtunternehmen aufgestiegen, aber sie hat sich von ihrer Kernaufgabe immer weiter entfernt. Diese Kernaufgabe ist im Artikel 87e des Grundgesetzes festgeschrieben, in dem gefordert wird, dass die Bahn “dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen” zu dienen hat.

Zur Zeit wird vom Bundesverkehrsministerium ein Privatisierungsgesetz erarbeitet, nach dem die Aktien der Deutschen Bahn AG, die bisher zu 100% im Besitz des Bundes sind, an Finanzinvestoren verkauft werden sollen. Dieser Verkauf würde das Wirtschaftsziel dieses Unternehmens wesentlich ändern; es ginge nicht mehr darum, der Bevölkerung ein flächendeckendes, öffentliches Verkehrssystem zur Verfügung zu stellen sondern nur noch um die Erzielung einer maximalen Kapitalrendite.  Diese für unseren Staat wichtige und weittragende Entscheidung ist innerhalb der SPD nie grundsätzlich diskutiert, geschweige denn ist darüber entschieden worden. Auch innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion ist dieser Verkauf höchst umstritten. So haben die Bundestagsabgeordneten Peter Friedrich, Dr. Hermann Scheer, Dirk Becker, Kurt Bodewig, Monika Griefahn und Lothar Mark in einem offenen Brief alle SPD-Bundestagsabgeordneten aufgefordert, den Börsengang der deutschen Bahn zu verhindern. Eine Diskussion innerhalb unserer Partei über die Konsequenzen eines Verkaufs der Deutschen Bahn AG ist überfällig.6

Die Kernaufgabe der Bahn, nämlich ihr Mobilitätsauftrag ist im Artikel 87e IV GG festgeschrieben. Dort heißt es: “Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz Rechnung getragen wird”

Mit dem Verkauf der Deutschen Bahn AG an Finanzinvestoren wird sich die Unternehmenspolitik von der bisherigen Zielrichtung eines flächendeckenden, ökologischen Verkehrssystems auf das Ziel der Gewinnmaximierung verändern. Auch wenn das Netz nur zu 49% verkauft wird, so haben die Investoren ein Recht auf die Maximierung der Gewinne. Wie die Rechtssprechung zeigt, ist dieses Recht erfolgreich einklagbar.

Private Investoren werden also folgendermaßen vorgehen:

  1. Nicht-rentable Strecken werden still gelegt,
  2. alle Grundstücke, die nicht zwingend nötig sind, werden verkauft,
  3. die Arbeit wird “verdichtet” und Personal entlassen,
  4. die Löhne werden gesenkt,
  5. ökologische und soziale Vorgaben werden nur akzeptiert, wenn sie zwingend gesetzlich vorgeschrieben sind. Das im Grundgesetz aufgeführte “Wohl der Allgemeinheit” wird bedeutungslos.

Dass diese Konsequenzen kein unrealistisches Horrorszenario darstellen, ist deutlich am Beispiel der privatisierten Telekom oder der privatisierten Bahngesellschaften in Großbritannien oder Argentinien zu sehen.

Mit diesen Geschäftsvorgaben kann langfristig kein zukunftsfähiges, ökologisches und flächendeckendes Verkehrssystem unterhalten und optimiert werden. In der Zeit des Klimawandels wäre es verantwortungslos gegenüber kommenden Generationen, dieses Verkehrssystem internationalen Finanzinvestoren zu überlassen.

Deshalb lehnen wir einen Verkauf des Schienenverkehrs der Deutschen Bahn AG, insbesondere aber einen Verkauf des Netzes und der Bahninfrastruktur ab.