Antragsteller*in

N.N.

Zur Weiterleitung an

SPD Landesvorstand, Juso Bundeskongress, rheinland-pfälzische MdB, MdEP

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Die Große Koalition aus Union und SPD hat in diesem Jahr eine Unternehmenssteuerreform auf den Weg gebracht, deren Geist genau dem aktuellen Mainstream in der wirtschaftspolitischen Debatte entspringt. Mit der Reform wird der Versuch unternommen, allen Lobbygruppen entgegenzukommen, ohne dabei den Blick objektiver über die Scheuklappen des vermeintlichen internationalen Steuerwettbewerbs hinaus zu richten.

Steuern und Abgabenstruktur in Deutschland

Vergleicht man die Steuer- und Abgabenstruktur Deutschlands mit anderen OECD Ländern, stellt sich heraus, dass der Anteil an Steuern an der Gesamtbelastung in Deutschland unterdurchschnittlich ist – stärker hingegen ist der Abgabenanteil. Das Steueraufkommen in Deutschland ist eher gering.

Jedoch sind die Steuersätze, die tarifliche Belastung, vergleichsweise hoch. Das hat wiederum negative Anreizwirkungen auf Firmen, die in Deutschland investieren wollen, da diese oftmals nicht die effektive Abgabenlast im Blick haben (Leuchtturmeffekte), sondern nur die nominalen Sätze. Zudem führt eine solche hohe tarifliche Belastung1 zu einer hohen Grenzbelastung gerade zusätzlicher Investitionen von Firmen, die schon am Standort engagiert sind. Hierher rührt auch die unterschiedliche Bewertung von Steuerbelastungen im internationalen Vergleich. Im Vergleich des Verhältnisses von tatsächlich gezahlten Unternehmenssteuern zum BIP liegt Deutschland im unteren Mittelfeld der OECD Staaten. Vergleicht man hingegen eine standardisierte Investition, die ein Unternehmen in verschiedenen Staaten tätigen kann, schneidet Deutschland, wegen den hohen tariflichen Belastungen deutlich schlechter ab. Diesen Unterschied sollte man in der steuerpolitischen Debatte vor Augen haben, statt Deutschland per se als Hochsteuerland zu bezeichnen.

Die Gewinnbesteuerung von Kapitalgesellschaften besteht in Deutschland aus der Körperschafts- und Gewerbesteuer und dem zusätzlichen Solidaritätszuschlag. Die Gesamtbelastung beträgt somit 38,65%, was einen der höchsten Werte der EU darstellt. Jedoch ist die Bemessungsgrundlage vergleichsweise schmal, was zu den geringen Effektivbelastungen führt.

Die Forderungen der SPD

Eine aufkommensneutrale Reform der Unternehmenssteuer sollte jedoch oberstes Ziel einer erneuten Reform der Unternehmensbesteuerung sein. Eine pauschale

Entlastung der Unternehmen, wie sie mit der Reform aus dem Jahre 2001 geschehen ist, lehnte die Parteispitze ab und wurde dabei von einem eindeutigen Parteiratsbeschluss unterstützt. Eines der Hauptargumente gegen eine weitere Schmälerung der Steuerneinnahmebasis war, dass es keinen Automatismus zwischen niedrigere Steuern und der Schaffung neuer Arbeitsplätzen – das haben uns die letzten Jahre der Steuerreformen der neoliberalen Dekaden gezeigt.

Die Umsetzung sieht aber leider anders aus. Die steuerlichen Belastungen werden auf unter 30% verringert und es werden Steuerausfälle von fünf Milliarden Euro jährlich toleriert. So wird der Satz der Körperschaftsteuer von nun 25 auf 15 Prozent sinken. Daneben wird eine Senkung der Gewerbesteuermesszahl angestrengt. Diese Maßnahmen sollen die Anreize zur Gewinnverlagerung bei gleichzeitigem Verlustgeltungsmachen verringern.

Deutlich höhere Steuerausfälle

Teile der SPD-Fraktion, der DGB und andere Organisationen weisen jedoch darauf hin, dass die Ausfälle deutlich höher ausfallen und langfristiger sein könnten. Die im Gesetzentwurf angepeilten 5 Milliarden Euro Entlastungen für die Unternehmen treffen nur bei voller Jahreswirkung der Reform zu – also wenn alle Umsetzungen solche Wirkungen entfalten, wie sie vom Ministerium prognostiziert wird. Diese Prognosen sind zudem sehr unsicher – schnell wird die 5 Milliarden Hürde gerissen und die Steuerausfälle können deutlich höher ausfallen.

Im Entwurf finden sich denn aber auch deutlich abweichende Größen, welche im Finanzministerium festgestellt wurden. Die durchschnittliche jährliche Steuererleichterung für Unternehmen liegt demnach bei 5,946 Milliarden Euro bis zum Jahre 2012. Rechnet man die durchschnittlich 843 Millionen Euro hinzu, die den Kommunen jährlich entgehen, ist man bei etwa insgesamt 6,8 Milliarden Euro entgangenen Steuereinnahmen. Die Kommunen werden für Verluste aus der Gewerbesteuer und den ihn zustehenden Einnahmen aus Steueranteilen, die im Zuge der Reform verringert werden, auf jeden Fall kompensiert werden.

Was viele kritische Stimmen bereits angemahnt haben, wird in den Ausführungen des Entwurfs auch sehr deutlich – schnell kann aus den angenommenen 6,5 Milliarden ein viel größerer Verlust entstehen. Zwar bleibt man bei der Reform im bisherigen System der Besteuerung und ändert es nicht grundlegend, wie zum Beispiel bei der letzten großen Steuerreform unter Rot-Grün – aber dennoch gibt es einige erhebliche Störgrößen in der Rechnung.

Das Wirtschaftswachstum, und damit das Wachstum der steuerlichen Bemessungsgrundlage, ist sehr positiv prognostiziert. Klar ist: einige wenige Zehntel Prozentpunkte weniger Wachstum führen zu starken Einnahmeausfällen.

Hier fordern wir Jusos die klare Einhaltung des SPD-Parteiratsbeschlusses, der eine Aufkommensneutralität vorsieht. Langfristig müssen gerade Unternehmen wieder einen größeren Anteil am Gesamtsteueraufkommen aufbringen. Der Unternehmensanteil ist in den letzten Jahren zu Lasten des Anteils der Einkommensteuer sowie der indirekten Steuern am Gesamtaufkommen gesunken. Nur wenn das Gesamtsteueraufkommen angemessen steigt, kann der Staat seine gesamtgesellschaftlichen Aufgaben auch leisten – ein an die Substanz gehender internationaler Steuerwettbewerb ist nur kontraproduktiv. Das hier große Einkommen und Vermögen sowie Unternehmensgewinne stärker herangezogen werden müssen steht für uns Jusos außer Frage.

Fraglich bleibt auch, ob es gerade nach der fatalen rot-grünen Unternehmensteuerreform von 2001 notwendig ist, Personengesellschaften zum Bespiel durch eine Thesaurierungsbegünstigung2 weiter zu entlasten. In der Realität treten durch die Veranlagung mit der Einkommenssteuer nur bei sehr großen Personenunternehmen steuerliche Belastungen jenseits der 38% auf – dann besteht zudem aber auch immer die Möglichkeit der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft (zum Beispiel einer GmbH). Diese weitere Entlastung ist schlicht aus politischer Motivation geschehen – eine ökonomische Notwendigkeit gibt es hingegen nicht. Gar von einer „Mittelstandslücke“ bei dieser Reform zu sprechen, offenbart schiere Kompetenzlosigkeit.

Den „bereitwillig steuerzahlenden Gutunternehmer“ gibt es schlicht nicht

Wichtiger sind aber die Prognosen, die der Entwurf über die Rückführung von Unternehmensgewinnen nach Deutschland macht – ob die Unternehmen ein solch hohes Maß und „Gutmenschentum“ mitbringen und ihre Gewinne zur Freude des Fiskus wieder hier versteuern, darf als fraglich bewertet werden. Auf jeden Fall ist es eine große Unbekannte.

Die Unternehmensverbände haben bereits angekündigt, bei einigen Maßnahmen des Entwurfs, die zentral für die Gegenfinanzierung der Steuersatzsenkung sind, nachverhandeln zu wollen. Ihnen gehen die Entlastungen noch nicht weit genug.

Besondere Kritik üben sie am neuartigen Instrument der Zinsschranke. Sie soll verhindern, dass Unternehmen Investitionen mittels Fremdkapital im Ausland tätigen und ihre Aufwendungen im Inland steuerlich mindert geltend machen, ohne dabei aber Erträge im Inland zu versteuern. Eine im Grunde längst überfällige Reglung, die dem Geschäftsgebaren vieler großer, international tätiger Kapitalunternehmen einen wirksamen Riegel vorschiebt.

Dieses Instrument muss aber so ausgestaltet sein, dass es greifen kann. Liegt die Schranke zu hoch, ist sie wirkungslos und die Praktiken gehen ungehindert weiter. Hier wollen die Unternehmensverbände ansetzen – große Steuerausfälle wären gerade hier vorprogrammiert. Da der Entwurf auf Kante gezimmert wurde, ist aber auch nicht mehr viel Spielraum, die Ausfälle einzudämmen. Hier gilt es politischen Druck aufzubauen.

Die deutsche Unternehmenssteuerreform aus Europäischer Perspektive

Mit der von Roland Koch und Peer Steinbrück ausgearbeiteten Unternehmensteuerreform, ist man angetreten, das „deutsche Steuersubstrat“ langfristig zu sichern und die nominelle Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften im Vergleich zu den europäischen NachbarInnen „wettbewerbsfähig“ zu gestalten.

Das Steuersubstrat, damit ist die Bemessungsgrundlage der Unternehmensteuer gemeint, sei in Gefahr, da multinationale Unternehmen ihre Gewinne flexibel in andere Länder transferieren und im Inland steuerfrei bleiben. Verschärfend wirkt noch die Tatsache, dass Unternehmen ihre Fremdkapitalkosten, also die zu zahlenden Zinsen auf Kredite, im Inland als Aufwand in der Steuerbilanz abziehen konnten, auch wenn die Investition gar nicht im Inland stattfand.

Auch befände man sich mit den anderen Mitgliedsstaaten, vornehmlich mit den mittel- und osteuropäischen (MOE) Staaten in einem Steuerwettbewerb, durch den man gezwungen sei, die Sätze der Unternehmensbesteuerung zu senken. Dieses Mantra hört man Land auf Land ab durch alle Polit – Talkshows zu genüge.

Dass beide Ziele mit der jetzigen Reform verfehlt werden könnten und die Reform den Steuerwettbewerb – das sprichwörtliche „race to the bottom“ – verschärfen könnte, wird dabei aber nicht mitbedacht.

Steuerwettbewerb geht nicht von neuen Mitgliedsstaaten aus

Als die MOE Staaten der EU beitraten und ihre Unternehmenssteuern knapp unter 20% festsetzten, taten sie das in erster Linie, um Unternehmen die Ansiedlung schmackhaft zu machen. Verständlich, denn mit besonders moderner Infrastruktur konnten sie in der Regel gar nicht und mit hoch qualifizierten Arbeitskräften nur selten werben.

Ein absolut normaler Vorgang in der Erweiterungsgeschichte der EU. So hat Irland in den 1980ern seine Sätze der Unternehmensbesteuerung nach dem EU-Beitritt massiv gesenkt und die Mindereinahmen durch Mittel der Strukturfonds der EG ausgleichen können. Diese Mittel wurden dann intensiv in erster Linie für Investitionen im Bildungssystem und in die Infrastruktur des Landes eingesetzt. Das Ergebnis war ein stabiler Konvergenzprozess Irlands hin zu den entwickeltsten Ländern der EU. Zwar sind die Sätze der Unternehmenssteuern in Irland im Vergleich noch niedriger als im Durchschnitt der EU 15 – aber die reale Belastung der Unternehmen hat durch Erweiterungen der Bemessungsgrundlage  zugenommen. Das zeigt klar, dass gute Infrastruktur auch über Steuern bezahlt werden muss.

Die Investitionsentscheidung eines Unternehmens orientiert sich bekanntlich nicht allein in der realen Steuerbelastung, schon gar nicht einzig an der Höhe der nominalen Sätze. Vielmehr sind harte Standortfaktoren wie der Zustand der Infrastruktur (Verkehrsnetze, Bildung, Verwaltung etc.) und die Qualifikation der MitarbeiterInnen, die ausschlaggebenden Entscheidungskriterien. Deshalb ist der Standort Deutschland absolut wettbewerbsfähig, was man nicht zuletzt auch an der hohen Exportquote ablesen kann. Unverständlich, geradezu heuchlerisch kommen die Lobbygruppen daher, die die Mär von der zu großen Belastung des Unternehmenssektors abspulen und im selben Atemzug den Exportweltmeister BRD huldigen.

Wettbewerb wird und darf eben nicht bloß um die Kosten veranstaltet werden – vielmehr brauchen wir einen Wettbewerb um die Qualität des Standortes.

Die Gefahr besteht darin, dass die neuen Mitgliedsländer den Pfad den Irland seinerzeit eingeschlagen hatte, nicht mehr nehmen können. Das liegt daran, dass die EU für die zwölf neuen Beitrittsländer der letzten Erweiterungsrunden etwa dieselbe Mittelhöhe bereitgestellt hat, als noch zum Beitritt von Portugal und Spanien. De facto haben die MOE Staaten jeweils nicht genug finanzielle Mittel, um sie in zukunftsorientierte Projekte zu investieren.

In dieser Situation senken nun die hoch entwickelten Länder „Kerneuropas“ ihre nominalen Steuersätze. Beziehungsweise viel wichtiger, sie senken die absolute Belastung der Unternehmen. Die logische Konsequenz dieser Politik ist, dass die neuen Mitgliedsstaaten ihrerseits die Belastungen für Unternehmen weiter senken werden. Sie konnten die Zeit seit 1.1.2005 bzw. 1.1.2007 ja noch nicht nutzen, um in Infrastruktur zu investieren, um so für Unternehmen attraktiv zu werden. Nicht die neuen Beitrittsländer sind also Motor des Steuerwettbewerbes, sondern die hoch entwickelten Länder sind es!

Die deutsche Haltung hat aber auch zusätzlich Auswirkungen auf die EU 15. So hat Frankreich unter seinem mittlerweile neuen Präsidenten Nicolas Sarkozy bereits wenige Wochen nach dem bekannt werden der deutschen Reformpläne  angekündigt, seinerseits die Belastungen der heimischen Unternehmen zu senken. Ein wenig erinnert das an den Preiskampf der Telefonanbieter – man müsse immer zehn Euro billiger als der Brachenführer sein, so die Aussagen der Konkurrenten der Firma mit dem großen magenta „T“. Diese, von betriebswirtschaftlichem Kalkül durchsetzte Mentalität, hat sich längst in der steuerpolitischen Diskussion breit gemacht.

Die Debatte um den Standortwettbewerb geschieht zum großen Teil auch ohne Not. Zwar gibt es einige prominente Beispiele, in denen Werke in Deutschland geschlossen wurden und in den MOE Staaten wieder aufgebaut wurden. Dies geschieht aber laut Untersuchungen3 aber viel weniger häufig, als in den Medien dargestellt. Sicher wird diese Androhung aber auch immer gerne von den Unternehmen selbst angeführt, um zum Beispiel Löhne oder Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu drücken. Eine Berichterstattung über Unternehmen, die sich bewusst hier ansiedeln bzw. wieder zurückgekehrt sind sucht man, trotz anderer Realität, vergeblich.

Konvergenzprozesse sozial und gerecht gestalten

Vielmehr müsste den „jungen“ EU-Staaten die Möglichkeiten gegeben werden,  in ihre Infrastruktur zu investieren. Dies bedeutet, dass das Budget der EU in der Regionalförderung bzw. insgesamt größer werden muss.

Schon heute machen die Einnahmen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften nur etwa 14% des Gesamtsteueraufkommens in Deutschland aus – bei gleichzeitigem ständig ansteigenden Anteil von indirekten Verbrauchssteuern, die sozial degressiv wirken, da der Anteil an gezahlten Steuern bei kleinere Einkommen größer wird. Bei einer sozialdemokratischen Steuerreform wäre die Frage angebracht, ob der Anteil, den die Unternehmen am Steueraufkommen leisten, wirklich groß genug ist, um ihn weiter zu senken. Gerade in Anbetracht dessen, dass der Steueranteil aus Einkommen aus unselbstständiger Arbeit stetig gewachsen ist und somit eine direkte Diskriminierung von Lohneinkommen und damit Lohnarbeit als gesellschaftlicher Wertschöpfung stattfindet. Wenn zentrale Anliegen von sozialdemokratischer Politik, zum Beispiel der Kinderbetreuung und Ausbau der Ganztagsschulen, unter einem allgemeinen Finanzierungsvorbehalt gestellt werden, ist es nicht an der Zeit, über Steuererleichterungen für SpitzenverdienerInnen und Großkonzerne nachzudenken.

Ein wichtiger Schritt im Sinne einer Harmonisierung der europäischen Unternehmensbeteuerung ist eine vereinheitlichte Steuerbasis bei gleichzeitigem Festlegen von Mindeststeuersätzen. Alleine nur die Vereinheitlichung der Steuerbasis, wie sie die Europäische Kommission ins Auge fast, würde zu einem noch stärkeren Druck und eine Verschärfung des Wettbewerbes um die niedrigsten Steuersätze führen.

Die Mindestsätze oder Korridore müssen dabei nicht das Minimum der derzeit zu zahlenden Steuersätze sein. Im Gegenteil – sicherlich ließe sich mit moderat höheren Sätzen mehr Anreize für die MOE Staaten schaffen, noch mehr in ihre Infrastruktur zu investieren. Dies muss aber von der europäischen Staatengemeinschaft unterstützt werden, was bislang noch in einem zu geringen Umfang der Fall ist. In einer so optimal ausgestalten Situation, profitieren von diesen Regelungen dann alle Beteiligten: Konvergenz hin zu mehr Wohlstand in der gesamtenEU.

Deutscher Reformbeitrag wenig zielführend

Dazu trägt die deutsche Unternehmenssteuerreform aber nichts bei. Im Gegenteil – Deutschland erhöht den Druck auf die neuen Mitgliedsstaaten, ihrerseits die Steuersätze weiter zu senken. Wenn es ein Ziel der Reform war, die Steuersätze in ein europäisches Mittelfeld zu bringen, stellt sich die Frage, wie lange sie Mittelfeld bleiben werden, wenn die nächste Runde der Unternehmensteuersenkungen in den MOE Staaten eingeleitet wird. Und was dann? Dann bedienen sich FinanzministerInnen – egal welcher Couleur – wieder derselben Argumenten wie in der jetzigen Diskussion und senken die Steuern abermals.

Wo diese Spirale aufhört vermag man jetzt nicht zu sagen. Fakt ist jedoch, dass dabei mittelfristig nur die Großunternehmen gewinnen werden. Langfristig aber gibt es jedoch nur VerliererInnen.

Fehlen den Staaten wichtige Mittel zu Investitionen in die Zukunft z.B. in Bildung, Forschung, Infrastruktur, Subventionierung von Unternehmen zur Stützung neuer Entwicklungen etc. steht die viel gepriesene Wettbewerbsfähigkeit Europas, auf die die InitiatorInnen der Reform hinzielen, auf dem Spiel. Denn Unternehmen investieren nicht in Schulen und Universitäten und in Schienen- und Straßennetze und viele andere Infrastrukturprojekte, die über ihr Werksgelände hinausgehen. Die geringere Attraktivität Europas, die daraus folgt, führt zu geringeren Investitionen, einhergehend mit weniger Arbeitsplätzen und einem geringeren Wohlstand, womit zum einen ein engerer Verteilungsspielraum und mehr soziale Ungleichheit verbunden sind.

Ziel einer europäischen Unternehmensbesteuerung

Wir Jusos müssen gemeinsam mit unseren PartnerInnen die Diskussionen um eine europäische Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung dazu nutzen, um die Körperschaftsteuer zu einer „EU-Steuer“ zu machen. Würden die Einnahmen der Körperschaftsteuer, oder Steueranteile daraus, dem EU-Budget zufließen, über welches das Parlament die Erhebungshoheit hat, wären viele Probleme aus sozialdemokratischer Sicht gelöst oder zumindest eher zu lösen. Der Steuerwettbewerb um die niedrigsten Sätze der Unternehmensbesteuerung unter den EU-Staaten wäre beendet. Die EU verfügte über ein eigenes Budget. Da die EU stets betont, dass das eine Prozent des gesamten EU-BIP, welches sie als Haushalt zur Verfügung hat, bei weitem nicht ausreicht, um die notwendige Strukturpolitik zu machen, müsste sie entsprechend auch die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer hochhalten. Eine Minimalsteuer, wäre somit ausgeschlossen. Auch wenn man den Staaten eine eigene Besteuerung von Körperschaften, zusätzlich zur EU-Steuer bewilligen würde, wäre der Steuerwettbewerb hin zum Bodensatz wirksam unterbunden. Unternehmen würden europaweit wieder mehr zur gerechten Finanzierung der notwendigen Staatstätigkeit herangezogen werden.