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N.N.

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N.N.

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Das Thema „Energiepolitik“ ist kein rein technisches Politikfeld, wie es vielleicht einigen Menschen scheint. Wenn sich Energiesicherheit als die „Funktionsfähigkeit grundlegender Strukturen und die Realisierbarkeit zentraler Werte einer Gesellschaft“ definieren lässt, dann muss sie ein zentrales Thema der politischen Auseinandersetzung sein. Vor diesem Hintergrund ist die Sozialdemokratie gefordert, ein innovatives und ökologisches Leitbild einer sozial-demokratischen Energiepolitik zu definieren. Diese muss dabei sowohl praktikabel sein als auch auf den grundlegenden Werten der sozialen Demokratie beruhen. Den Jusos und der SPD in Rheinland Pfalz fehlen bisher ein zusammenhängendes Konzept und ausformulierte Anforderungen nicht nur an globale und bundespolitische, sondern auch an die rheinland-pfälzische Energiepolitik und an die innerverbandliche Behandlung des Themas. Diesem Defizit soll der folgende Antrag abhelfen.

Die Landeskonferenz der Jusos Rheinland-Pfalz möge folgende Forderungen und Positionierungen beschließen:

Erste Herausforderung : Energieversorgungssicherheit, Daseinsvorsorge

Die steigende Strom-, Heizungs- und Benzinpreise führen uns die Bedeutung einer sicheren Energieversorgung jeden Tag deutlicher vor Augen. Gleichzeitig mehren sich die Warnungen in Wissenschaft und Medien vor sich zuspitzenden internationalen Konflikten um die geringer werdenden Öl- und Gasreserven. Die gegenwärtige Verknappung hat vielfältige Ursachen. Politisches Kalkül, internationale Konflikte, ungezügelter Handel mit Energieträgern wie auch faktisches Marktversagen auf der Basis einer Monopolisierung der Energieversorgung und Stromproduktion trägt zu den steigenden Kosten bei. Ein zukünftige Energiepolitik muss eine weitgehend unabhängige und dauerhaft stabile Versorgung zum Ziel haben.

Zweite Herausforderung: Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergienutzung

Stromerzeugung durch Atomkraft wirft nach wie vor zahlreiche ungelöste Probleme auf: Die wichtigsten sind die Untrennbarkeit von friedlicher und „ziviler Nutzung“ im Kreislauf spaltbarer Materialien, die Gefahr der Proliferation (also die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen, von Atomwaffentechnologie und Rohstoffen, aber auch „schmutzige Bomben“ z. B. aus bei der zivilen Nutzung anfallenden Abfällen), die extreme Umweltbelastung bei der Förderung und Aufbereitung des „fossilen“, also auch endlichen, Brennstoffs Uran, die unlösbare Entsorgungsfrage des gefährlichen und Jahrtausende unkontrollierbar strahlenden Mülls, die Risiken bei den Transporten quer durch Deutschland und Europa, sowie natürlich von Störfällen mit uneingrenzbaren Folgeschäden beim Betrieb der Atomanlagen und schließlich die Verwundbarkeit durch Terroranschläge auf eben diese Anlagen. Eine verantwortungsbewusste Energiepolitik muss nicht nur den sofortigen deutschen, sondern den langfristigen internationalen Ausstieg aus der Atomenergie zum Ziel haben.

Dritte Herausforderung: Nebenwirkungen und Endlichkeit fossiler Energieträger

Die Klimaveränderung mit zunehmenden extremen Klimaschwankungen, Trockenperioden und Überschwemmungskatastrophen machen immer deutlicher, dass CO²produzierende Nutzung fossiler Energieträger unverantwortbar und ein schnellstmöglicher Umbau hin zu sauberen, erneuerbaren Energien vonnöten ist. Eine zukünftige Energiepolitik muss daher ökologisch ausgerichtet und dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet sein.

„Kein Krieg um Öl“, sondern eine friedliche und nachhaltige Strategie zur Gewährleistung von Energieversorgungssicherheit

Internationale Energiebeziehungen gerecht und demokratisch gestalten

Eine Verringerung des Konfliktpotentials internationaler Energiebeziehungen kann nur durch den Dialog zwischen den beteiligten Staaten gewährleistet werden. Insbesondere die Kommunikation zwischen den ProduzentInnen und den KonsumentInnen energetischer Rohstoffe muss gestärkt werden. Jenseits der Reduzierung von Abhängigkeiten durch Diversifizierung und Vorratshaltung trägt insbesondere die Stabilisierung der internationalen Energiebeziehungen zu einer Steigerung der Energieversorgungssicherheit bei. Dazu gehört in erster Linie die Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien, sowohl durch vielfältige informelle Beziehungen („ökonomische Entspannungspolitik“) als auch im Rahmen internationaler Organisationen. Bestehende Organisationen wie die Internationale Energie Agentur (IEA) oder die Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) beziehen aber immer nur eine Seite internationaler Energiebeziehungen ein: KonsumentInnen oder ProduzentInnen. Eine echte Gewährleistung von Energiesicherheit lässt sich auf internationaler Ebene jedoch vor allem durch einen intensiven Dialog zwischen den ProduzentInnen und den KonsumentInnen sichern. Nur auf dieser Basis kann gewährleistet werden, dass das gemeinsame Interesse an einem stabilen Austausch energetischer Ressourcen den Vorrang vor Gewinnmaximierungsabsichten der beteiligten Gruppen erhält. Der von Seiten der EU durchgeführte Energiedialog mit der Russischen Föderation stellt vor diesem Hintergrund einen wichtigen Beitrag dar. Dieser muss allerdings einerseits auf zusätzliche EnergielieferantInnen erweitert, andererseits um wirkungsvolle Regeln und entsprechende Sanktionsmechanismen vertieft werden. Die Vorratshaltung von Energieträgern ist auszubauen und somit der öffentlichen Hand die Möglichkeit zu bieten, bei sinkendem Angebot ausgleichend auf die Preisentwicklung reagieren zu können. Damit können Krisen in der Energieversorgung flexibel bewältigt und in ihren Folgen reduziert werden. Die Potenz der EU ist im Sinne eines fairen und friedlichen Welthandels einzusetzen.

Innerstaatliche Versorgungssicherheit als Frage der Daseinsvorsorge

Auf fast keinem anderen Markt in unserer Volkswirtschaft gibt es weniger Wettbewerb als auf dem Energiesektor. Die Kartelle und monopolistischen Organisationsformen bestehen hier fast schon seit Begründung dieser Technologie. Daran haben auch die diversen Reformen der letzten Bundesregierung, beispielsweise mit dem Energieeinspeisungsgesetz, nichts geändert. Schuld daran ist die Beschaffenheit des Marktes, insbesondere der der Netzanbieter, der als fokalen Punkt ein natürliches Monopol aufweist. Zwar besteht mehr oder weniger starker Wettbewerb zwischen den einzelnen Stromanbietern, diese sind aber für den Transport ihrer „Ware“ auf die Netzbetreiber angewiesen. Hier gibt es aber nur eine handvoll Firmen, die Stromnetze in Deutschland betreiben. Diese Firmen bilden ein verdecktes Kartell und haben den deutschen Markt unter sich aufgeteilt. Die einzelnen Firmen üben, in denen ihnen „zugeteilten“ Regionen der Bundesrepublik, eine monopolistische Stellung aus und diktieren letztlich auch den EndverbraucherInnen ihre Preise. Dies können sie, da sie den Stromanbietern die Preise für die Durchleitung des Stromes nahezu beliebig diktieren können. Die Versuche von staatlicher Seite diesen oligopolistischen Markt zu regulieren sind bislang gescheitert. Es war, und wird wohl auch nicht möglich sein, durch Markteingriffe in die Preisstruktur, Wettbewerb zu simulieren, da hier Informationsdefizite der öffentlichen Hand vorliegen.Darüber hinaus besteht bei den Netzbetreibern auch wenig Anreiz in neue Technologien, die zu mehr Versorgungssicherheit und zu weniger Energieverlust bei Durchleitung führen, zu investieren, da diese Investitionen ihre Renditeerwartung und somit ihre Monopolrenten schmälern. Folgen dieser nicht auf Nachhaltigkeit beruhenden Unternehmungspolitik ließen sich beim letzten großflächigen Stromausfall beobachten, als weite Teile von Rheinland-Pfalz und der angrenzenden Regionen stunden- und teilweise tagelang ohne Strom auskommen mussten. Hier ist Handeln von staatlicher Seite über die bloße Regulierung hinaus gefordert, z. B durch die Festsetzung eines Durchleitungspreises. Ähnliche Strukturen eines natürlichen Monopols finden sich im Bereich der Wasserversorgung. BetreiberInnen eines Leitungssystems brauchen nicht um Konkurrenz besorgt zu sein. Wasser ist ein lebensnotwendiges Gut, das höchste Qualität verlangt. Die örtlichen und regionalen Wasserversorger müssen daher im ausschließlichen Besitz der öffentlichen Hand sein. Die öffentliche Hand kann hier ihre Preisstruktur so festlegen, dass z.B. wassersparendes Verhalten honoriert wird. Kommunale TrägerInnen von Energie- wie von Wasserversorgung sollten sich hüten, diese Versorgungssysteme zu privatisieren, nur weil sie glauben, so ihre Haushalte kurzfristig zu sanieren. Die Entwicklung wird eine andere sein. Die Kosten für Wasser werden ebenso steigen wie jetzt schon die für die Energieversorgung mit Wärme und Elektrizität und die Versorgungssicherheit wird abnehmen. Am Ende, wenn die Firmen sich wieder vom Markt zurückziehen, sind die öffentlichen Gebietskörperschaften dann doch wieder in der finanziellen Verantwortung.

Dies zeigt eine Vielzahl von Negativbeispielen in anderen europäischen Ländern. So hatte sich eine Tochter des deutschen RWE Konzerns in die Wasserversorgung von London eingekauft mit der Folge, dass nach wenigen Jahren des „Wirtschaften“ ein Stadtteil von London, nach einem Defekt am Leitungssystem, wochenlang ohne Trinkwasser auskommen musste. Im Maßstab einer Stadt wie London bedeutete dass über eine Millionen Menschen ohne Versorgung waren. Der Konzern sah es auch erst nach einigen Tagen ein, den Menschen eine Notversorgung durch Tankzüge bereitzustellen. Nach diesem Skandal, sah sich die Stadt, zu Recht, dazu gezwungen das Engagement von RWE auf dem Wassersektor zu unterbinden.

Dezentralisierung der Stromerzeugung und Abhängigkeit von Importen Reduzieren

Deutschland und Rheinland-Pfalz weisen eine hohe Abhängigkeit von Energieimporten, sowohl von Strom, also auch von Gas und Öl auf. Dies schränkt politische Handlungsspielräume ein. Die notwendige Strategie zu mehr Unabhängigkeit umfasst kurzfristig die Diversifizierung, d. h. die Nutzung verschiedener Energiequellen und Exporteure auf der AnbieterInnenseite, kurz- und mittelfristig die Senkung des Energieverbrauchs zum Beispiel durch energiesparendes Bauen und Sanieren und die bewusst vorangetriebene Effizienzsteigerung im Energieverbrauch. Arbeitsplatzintensiv ist und somit sozial- und wirtschaftspolitisch wünschenswerte Effekte hat diese Energie-Effizienzsteigerungsstrategie außerdem. Diese muss von Landesregierung und Kommunen durch öffentliche Investitionen und Kampagnen gefördert werden. Investitionen in diesem Bereich kommen vor allem dem rheinland-pfälzischen Handwerk und Mittelstand im ländlichen Raum zu gute. Schließlich müssen wir uns mittel- und langfristig neue, eigener Energiequellen erschließen. Rheinland-Pfalz könnte sich die schwedische Strategie zum Vorbild nehmen, in zwanzig Jahren unabhängig vom Energieträger Erdöl zu werden. Im Zuge einer nachhaltigen Energiepolitik mit einer stärkeren Unabhängigkeit der EndverbraucherInnen von großen Energiekonzernen kann nur die Dezentralisierung und Kommunalisierung der Energieerzeugung das Ziel einer ökologischen vernünftigen Politik sein. Öffentliche Versorgungsstrukturen in kleinteiligen Räumen führen zu einer höheren Lieferstabilität. Bei Anbietern in öffentlichen Hand können sogar die Preise demokratisch bestimmt werden.

Daseinsvorsorge als sozialpolitische Aufgabe

Es wird schnell deutlich welche Verantwortung im Bereich der Energiepolitik getragen wird. Zum einen muss Versorgungssicherheit für die Bevölkerung sichergestellt werden. Ein Versagen führt hier im harmlosesten Fall zu großen Unannehmlichkeiten für die Bevölkerung, aber kann hin bis zu Gefahr für die allgemeine Hygiene und für die Gesundheit reichen. Zum anderen sind alle Bereiche der Volkswirtschaft auf eine sichere Versorgung mit Energie als Produktionsfaktor angewiesen. Mangelnde Versorgungssicherheit kann hier zu großen finanziellen Verlusten führen und Betriebe und somit auch Arbeitsplätze gefährden. Energieversorgung in öffentlicher Hand ist zudem auch Instrument von Sozialpolitik. Die Öffentliche Hand unterliegt nicht dem betriebswirtschaftlichen Gewinnmaximierungskalkül und kann Energie zu fairen Preisen an die VerbraucherInnen, also BürgerInnen abgeben. So ist sichergestellt, dass niemand von der Energienutzung (Wasser- und Stromversorgung) ausgeschlossen wird, weil sie oder er schlicht die Preise nicht mehr zahlen kann. Ausschluss von Energie heißt schlicht soziale Ausgrenzung erster Ordnung, praktisch den Entzug einer Lebensgrundlage. Dies darf nicht passieren. Hier ist staatliches Handeln angesagt. Die öffentliche Hand darf ihren Gestaltungsanspruch und ihre Verantwortung nicht von sich weisen. Es ist durchaus nicht gesagt, dass die kommunalen VersorgerInnen durch ihr Handeln keine Gewinne machen, oder machen dürfen. Lässt sich in einem Bereich der Versorgung ein Überschuss erwirtschaften, können andere Bereiche der öffentlichen Leistungen für die BürgerInnen im Gegenzug teilsubventioniert werden.

Wir haben dazugelernt: Raus aus der Atomspirale !

Die Stromproduktion in Kernreaktoren ist als internationales Problem zu begreifen und politisch zu bekämpfen. Die aktuelle Praxis des „Brennstoffkreislaufs“ birgt unbeherrschbare Gefahren und inakzeptable Risiken und muss daher sofort beendet werden. Die Trennbarkeit von ziviler und militärischer Nutzung der Technologie darf nicht länger wie im Atomwaffensperrvertrag angenommen werden. Wir brauchen daher neue internationale Verträge über regionale und globale atomare Abrüstung und Atomausstieg.

Unmöglichkeit einer rein „zivilen“ Nutzung der Kernenergie

Eine Trennung von „ziviler“ und militärischer Nutzung ist nur auf dem Papier, aber nicht in der Praxis möglich, da die benötigten Fachkenntnisse und Technik sogenannten „Dual use“- Charakter aufweisen. Die Grundidee des Sperrvertrags ist somit nicht glaubwürdig, wie sich gerade bei der Auseinandersetzung mit dem Iran wieder beispielhaft zeigt.
Im Atomwaffensperrvertrag von 1968 haben sich – neben fast allen anderen Staaten weltweit – auch Deutschland und der Iran verpflichtet, auf den Bau, die Bereithaltung und Nutzung von Atomwaffen zu verzichten. Die Atommächte hatten sich gleichzeitig in diesem Vertrag zur schrittweisen Abrüstung verpflichtet. Diese zweite Seite des Vertrags wurde bisher weitgehend ignoriert. Aus dem Vertrag ergibt sich ein gleichberechtigtes Recht auch des Irans zur friedlichen Nutzunge der Atomtechnologie. Angesichts der reichen Erdgas- und Erdölvorkommen des Landes stellt sich jedoch die Frage, warum er die vergleichsweise teuere Energiequelle Kernkraft fördert. Dies ist wohl offensichtlich: Der Iran will ein Bedrohungspotential aufbauen, dass den Staat unangreifbar, aus demselben Grund behauptet ja Nordkorea, über die Waffen bereits zu verfügen. Eine Abrüstung ist hier nur durch vertrauensbildende Diplomatie und einen Abbau des Bedrohungspotentials und damit der Motivation zur atomaren Aufrüstung aus einem nachvollziehbaren Sicherheitsbedürfnis heraus zu erreichen. Dasselbe gilt natürlich für Israel, das dem Atomwaffensperrvertrag nie beigetreten ist. Andererseits machen aber tatsächlich zu friedlichen Zwecken verwendete Atomanlagen, gerade in konfliktträchtigen Regionen, in Zeiten des globalen Terrorismus aber natürlich auch bei uns, die Standortländer extrem verwundbar. (Potentielle) AngreiferInnen auf diese Staaten brauchen sich keine Atomwaffen zu beschaffen, es reichen konventionelle Waffen – oder wie wir seit dem elften September 2001 nie vergessen werden, auch zivile Flugzeuge. Nach diesen Terroranschlägen inhaftierte Islamisten sagten aus, dass Mohammed Atta als alternative Ziele die Reaktorblöcke des Kraftwerks Indian Point am Hudson River anvisiert hatte. Einen solchen Angriff würde kein Kraftwerk überstehen, ebenso wie auch ein durch reinen Zufall, also ein normales Flugzeugunglück abgestürzte große Fracht- oder Passagiermaschine. Wir fordern den technisch schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kernenergie

Der Stromverbrauch Deutschlands lag 2005 bei 611 Terrawattstunden (TWh), bei einer installierten Gesamtleistung von rund 129 Gigawatt (GW). Der Beitrag der Atomenergie zur Brutto-Stromerzeugung betrug im Jahr 2005 zirka 163 TWh, bei einer installierten Leistung von 21,7 GW. Mit 76,3 GW war am 3. Dezember 2003 nach Angaben des Verbandes der Netzbetreiber eine – wetterbedingt – außergewöhnliche Höchstlast zu verzeichnen. Eine Leistung von zirka 76 GW ist folglich bei heutigen Verbrauchszahlen zur Deckung des Strombedarfs ausreichend. Auch nach dem sofortigen Atomausstieg wäre die Stromversorgung bei der verbleibenden installierten Gesamtleistung von etwas mehr als 100 GW gesichert.

Der vorübergehende Einsatz einiger Reservekraftwerke im Grund- und Mittellastbereich (überwiegend Kohle und Gaskraftwerke) würde allerdings vorübergehend zu einem Anstieg der CO2-Emissionen führen. Diese kurzfristig steigenden CO2-Emissionen müssen als Ergebnis einer Risikoabwägung für akzeptabel gehalten werden, denn die Emissionen können durch eine Reihe von Maßnahmen innerhalb weniger Jahre deutlich unter das heutige Niveau gesenkt werden. Atomkraft ist die am höchsten subventionierte Energiequelle. Die Bundesregierungen haben seit 1960 mehr als 20 Mrd. Euro in die Atomforschung gesteckt. Der Strompreis stieg zur Markteinführung der Atomkraft (1970 bis 1985) um 5 Ct/kWh. Die Stromkonzerne legten 35 Mrd. Euro steuerfreie „Entsorgungs“-Rücklage an, die sie zum Aufkauf von Marktkonkurrenten missbrauchten. Die Entsorgungskosten sind nicht absehbar und werden vom Staat getragen. „Ökosteuer“ wird auf Uran nicht – im Gegensatz zu allen anderen Energieträgern – gezahlt. Der größte Marktvorteil gegenüber anderen Stromerzeugern aber steht im Atomgesetz: Atomkraftwerke sind von einer angemessenen Haftpflichtversicherung befreit. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich gegen jegliche Subventionierung und staatlicher oder europäischer Förderung von Atomenergie einzusetzen, das heißt auch, den EurAtomvertrag aus der Europäischen Verfassung zu lösen. Die Atomenergienutzung muss in Deutschland beendet werden, aber auch darüber hinaus. Die tödliche Strahlenbelastung bei Störfällen, Reaktorkatastrophen und Terrorangriffen macht an keiner Grenze halt, wie wir spätestens seit Tschernobyl nie wieder verdrängen dürfen. In der europäischen Saar-Lor- Lux-RLP-Großregion muss ein gemeinsames Energiekonzept im hier skizzierten Sinne erarbeitet werden, ein Endlager in Bure werden wir gemeinsam mit örtlichen Initiativen und Widerstandsgruppen zu verhindern versuchen. Die Landesregierung sollte endlich zu diesem Thema Stellung beziehen.

Erneuerbare Energien müssen die Fossilen langfristig ganz ablösen

Die Verbrennung fossiler Rohstoffe stellt eine substantielle Gefährdung des ökologischen Gleichgewichts dar. Daher fordern die Jusos Rheinland-Pfalz die Bundesregierung auf, sich weiterhin in der internationalen Zusammenarbeit für eine schnelle und effiziente Entwicklung regenerativer Energien einzusetzen, damit sich diese in möglichst kurzer Zeit als wirtschaftliche Alternative zu Atomstrom und fossilen Energieträgern etablieren können. Letztendlich können alle bis hierher vorgestellten Ansätze nur vorübergehender Natur sein. Langfristig muss ein Umbau der Energieversorgung auf regenerative Energieträger angestrebt werden. Im Straßenverkehr sollte verstärkt auf sog. Bio-Ethanole (z.B. Raps-Öl) gesetzt werden. Die Zukunft gehört den „sauberen“ (d. h. mithilfe regenerativer Energien hergestellten) Kraftstoffen wie Wasserstoff oder Strom, welche den Antrieb von Fahrzeugen besorgen. Eine effiziente Mobilität und Logistik setzt zudem auf einen Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Im Bereich der Stromversorgung müssen umweltverträgliche Energieformen, wie Biomasse, Wasser-, Solar- oder Windenergie, weiterhin und verstärkt gefördert werden um langfristig nicht nur die atomare sondern auch die fossile Energieversorgung durch saubere und nachhaltige EnergieträgerInnen zu ersetzen. Wie lange die Vorräte letztlich noch ausgebeutet werden könnten, bis sie erschöpft sind, spielt eigentlich keine Rolle. Der Zeitpunkt, da Öl nicht mehr verwendet werden kann, liegt ohnehin früher als der seines Erschöpfungszeitpunktes. Hier werden Marktprozesse, genauer das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, ihr Übriges tun. Öl wird schlicht zu teuer werden, als das es noch in dem Umfang wie heute verbrannt werden könnte, selbst wenn es davon noch „reichliche“ Vorkommen geben sollte.

Rheinland-Pfalz: Land der Energiepioniere

In Rheinland-Pfalz sind wir durch die intensiven Bemühungen der SPD Landesregierung auf keinem schlechten Weg. Wir wollen zum führenden Land im Bereich erneuerbarer Energien werden. Die Energiegewinnung aus Biomasse und Geothermie ist konsequent zu fördern. Mit dem Ziel die rheinland-pfälzischen Gemeinden bei der Wärme- und Stromversorgung zu Eigenversorgern zu machen gehen wir der Entwicklung voran. Neben der Einführung erneuerbarer Energien zur Eigenversorgung gehören auch die Themen Einsparung und Energieeffiziens auf die Tagesordnung.

Neben der Umstellung der eigenen Versorgung ergeben sich hier auch große Möglichkeiten für den innovativen Mittelstand und das Handwerk. Nicht nur die praktische Umsetzung und die Produktion muss in Rheinland-Pfalz eine Heimat haben, auch Forschung und Ausbildung versprechen im Bereich Energie für die Zukunft gewaltige Wachstumschancen. Die Akzeptanz neue Wege zu gehen zeigt sich am Beispiel der Gemeinde Weilerbach in der Westpfalz. Hier wurden erneuerbare Energien konsequent gefördert und für deren Akzeptanz geworben. In keiner Gemeinde gibt es einen höheren Anteil an Photovoltaikanlagen auf öffentlichen und privaten Gebäuden.

Geothermie:

Die Umstellung der Kleinfeueranlagen in Privathäusern, die den größten Anteil des CO2 Ausstoßes ausmachen, auf Erdwärme muss ein Ziel der Energie- und Umweltpolitik werden. Was die Wärmepumpen in privaten Haushalten sind, können Geothermieanlagen für die dezentrale Stromerzeugung sein. Erdwärme steht uns kostenlos und so lange der Planet existiert, zur Verfügung. Es müssen weiter Bemühungen unternommen werden hier Versuchsanlagen an günstigen Orten im Land zu errichten.

Biomasse:

Ein weiterer Bereich der Dezentralisierung ist die Verwendung von Biomasse. Gerade im ländlichen Raum existiert hier großes, bislang ungenutztes Potential. Hier muss es eine kontinuierliche Förderung von LandwirtInnen und Kommunen, die ihre Energieversorgung daraufhin ausrichten wollen geben, solche Biogasanlagen zu schaffen. Zum einen geht es darum in Produktionen entstehende Biogaze (Klärgasse) zu nutzen, aber auch diese selbst zu erzeugen. Hierzu dienen z.B. Energiepflanzen, aber auch Holz. Landwirte können die Energiewirte der Zukunft sein.

Solar-, Wasser- und Windkraft:

Die Energiegewinnung aus den Trägern Sonne, Wasser und Wind ist im Einklang mit der Bevölkerung auszubauen. Gerade die Solarenergie kann landschaftsschonend und kleinteilig eingesetzt werden.

Innovativer Mittelstand und Handwerk:

Deutschland ist im Bereich der von erneuerbaren Energie Technologievorreiter. Dies bedeutet nicht zu letzt Marktführerschaft. Immer mehr Länder erkenne die Notwendigkeit der energiepolitischen Wende und kaufen Technologien bei heimischen Firmen ein. So werden Hochleistungswindgeneratoren heute in alle Welt verkauft – in den Häfen der Großen Seen in Kanada sind „Windwheels made in Germany“ das Produkt, das die größte Handelsmenge ausmacht.Die Nutzbarmachung erneuerbarer Energien ist ein Exportschlager, der in Deutschland Arbeitsplätze schafft. Die Entwicklung ist erst am Anfang. Diese Technologie wird ein Wachstumsmotor der Zukunft sein. In diesem Bereich die technologische VorreiterInnenposition zu halten, wäre Aufgabe einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik, die viele Vorteile auf sich vereinen würde. Saubere, sichere Energie gepaart mit wettbewerbsfähigen Exportartikeln. Der Umbau der rheinland-pfälzischen Energieversorgung birgt große Chancen gerade für Handwerker und Mittelständler im Land. Vor allem im Bereich Biomasse und Geothermie müssen wir Zukunftsfelder besetzen. Es gilt hier gezielte Wirtschaftsförderung zu betreiben.

Forschung und Ausbildung:

Rheinland-Pfalz muss zum führenden Standort für Forschung und Ausbildung im Bereich der erneuerbaren Energien werden. Gerade im Bereich Biomasse und Geothermie gibt es noch große Entwicklungspotentiale. Die Bildung von Forschungseinrichtungen kann zum Kern von Produktionsclustern für Energietechnologien werden. Neben der technischen Entwicklung gilt es Handwerker, Energieplaner und Energieingenieure auszubilden, die die neuen Technologien im Land planen und umsetzen. Rheinland-Pfalz soll daher als erstes Land eine Fachhochschule für erneuerbare Energien gründen und Ausbildungs- und Weiterbildungszentren für Handwerker und Ingenieure einrichten. Diese kann an den Umweltcampus-Birkenfeld angegliedert sein und einen eigenen Standort in eine strukturschwachen Region des Landes bekommen.