Antragssteller*in

N.N.

Zur Weiterleitung an

Landesregierung, Bildungsministerium Rheinland-Pfalz, SPD Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz

Antragstext

Die Landeskonferenz möge beschließen:

Zunächst ist einmal die Frage zu klären was G8 eigentlich ist und was die BefürworterInnen damit erreichen wollen. G8 bedeutet, die Schulzeit auf dem Gymnasium auf acht Jahre zu verkürzen, die SchülerInnen also in der zwölften Klassen zum Abitur zu führen. Laut Konzept für das verkürzte Gymnasium liegen diesem folgende Punkte zugrunde:

  • Geschlossene Konzeption von der 5. bis zur 12. Jahrgangsstufe
  • Stärkung der gymnasialen Allgemeinbildung durch Konzentration auf Grundwissen und wichtige Kernkompetenzen und Verstärkung der Nachhaltigkeit
  • begabungsgerechte Förderung der Schülerinnen und Schüler sowie Intensivierung des Unterrichts mit dem Ziel der Nachhaltigkeit des Erlernten
  • mehr Gestaltungsfreiheit für die einzelne Schule in der Stundentafel
  • Verstärkung moderner unterrichtsmethodischer und -didaktischer Ansätze in den Lehrplänen
  • Verbesserung der Vorbereitung auf Studium und Beruf
  • engere Zusammenarbeit mit Eltern, Wirtschaft, Hochschule

Diese Punkte sollen vorallem durch Unterricht am Nachmittag und ein höheres Lernniveau erzielt werden. Fraglich ist aber, warum diese Ziele nicht auch in einem „klassischen“ Gymnasium mit neun Jahren erreichen kann. Mit der Verkürzung der Schulzeit haben diese Ziele aber auch gar nichts gemein – im Gegenteil bräuchte man mehr, als weniger Zeit um sie zu erreichen. Die Einführung von G8 hat aber in den ersten Bundesländern, zu großen Problemen geführt. Die Schwierigkeit hierbei, Schüler welche von der G9 Stufe in die G8 Stufe wechseln müssen, können den Stoff nicht mehr aufholen und ein weiteres Sitzen bleiben oft nur mit privater Nachhilfe abfangen. Denn in der G8 Klasse fangen Schüler zum Beispiel mit der zweiten Fremdsprache viel früher an als in der vergleichbaren G9 Stufe. Gerade der Wechsel von anderen Schulen hin zum Gymnasium wird schwieriger, weil die Lehrpläne sich sehr stark unterscheiden. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems wird entgegen aller entgegengesetzter bildungspolitischer Forderungen enger. Da der Stoff hauptsächlich nur im Bereich der Unter- und Mittelstufe zeitlich komprimiert wird, sind Schüler die von einer anderen Schulform auf ein Gymnasium wechseln zusätzlich benachteiligt. In der gymnasialen Oberstufe wird das Curriculum nicht geändert, da es sonst zu Problemen mit der bundesweiten Anerkennung des jeweiligen Abiturs kommt. Gerade in Rheinland-Pfalz kommt es durch die gemeinsame Orientierungsstufe an Realschulen und Gymnasien in den Klassen fünf und sechs zu einer noch stärkeren Komprimierung des Lernstoffes in der Mittelstufe. Aufgrund weniger Freizeit kann man z.B. in Bayern bereits, seit der Einführung von G8, einen Rückgang der Vereinsmitgliedschaften feststellen. Was die Angst bestätigt das Wahlunterricht und Freizeitgestaltung durch intensiveres Lernen auf der Strecke bleiben, da diese Aktivitäten nicht immer in der zusätzlichen Unterrichtszeit integriert werden. Berichten von landesweiten Elternverbänden zufolge ist die Zeit- und Arbeitsbelastung für die einzelnen Schüler seit G 8 enorm angestiegen. Dieser Druck lässt sich bei Betrachten der Lehrpläne erklären. In dem Fach Englisch geht der Lehrplan z. B. davon aus, dass in der Grundschule 200 Wörter als Grundwissen vermittelt werden. Aber auch andere Fächer haben an Umfang stark zugenommen.

Wir Jusos befürchten, dass die persönliche Entwicklung von Jugendlichen auf der Strecke bleiben wird, da für diese im neuen Schulalltag viel zu wenig Platz und Entfaltungsmöglichkeiten geboten werden. Freiheit der Schule in der Gestaltung des zusätzlichen Angebotes, die erst durch das Konzept der Ganztagsschule gewonnen wurde oder werden kann, geht mit der Einführung von G8 wiederum verloren.

Wir sehen die Gefahr, dass G8 eine Spaltung der Gesellschaft schon im kleinen fördert und die vergleichbar hohe Selektivität des deutschen Bildungssystems verstärkt. Denn für Haupt- oder RealschülerInnen wird es mit jeder Änderung schwieriger, den Sprung auf ein Gymnasium zu schaffen. Das würde bedeuten, dass eine Entscheidung in der vierten Klasse den Entwicklungsweg von jedemR einzelnen SchülerIn festlegt und dieseR nur mit einem enormen Maß an Leistung die Entscheidung ändern könnte.

Gerade der Bildungsabschluss ist bisher schon in einem großen Masse von der sozialen Herkunft, vom Geldbeutel der Eltern abhängig. Mit G8 wird einer sozialen Selektion weiterer Vorschub geleistet. Auch besteht die Gefahr das Kinder, welchen das Lernen nicht so leicht fällt wie anderen, auf der Strecke bleiben und weniger Chancen haben. Daher sprechen wir uns explizit gegen ein Gymnasium mit nur acht Schuljahren aus.