Antragsteller*in

Landesvorstand

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Antragstext

Wir fordern die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion, die sozialdemokratischen
 Mitglieder der Bundesregierung und die Vertreter*innen der sozialdemokratischen
 Regierungen im Bundesrat dazu auf, einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht zur
 Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens zu stellen.

 Im Jahr 1930 scheiterte die erste Initiative preußischer Beamter, ein Parteiverbot
 der NSDAP anzustrengen. Der Versuch wurde von der bürgerlichen Reichsregierung mit
 den Argumenten abgewehrt, man würde die NSDAP damit nur stärken, und müsse sie
 stattdessen inhaltlich stellen (so Reichskanzler Brüning vom „Zentrum“). Die NSDAP
 war zu diesem Zeitpunkt bemüht, sich ein bürgerliches Image zu geben. Es lag aber
 eine breite Materialsammlung von Aussagen führender Nazis vor, die eindeutig ihre
 eigentlichen Absichten erkennen ließen.

 Historische Gleichsetzungen verbieten sich zwar, jedoch sind klare Parallelen zum
 heutigen Umgang mit der AfD zu erkennen. Es gilt, aus der Geschichte zu lernen und
 die im Grundgesetz verankerten Instrumente des demokratischen Rechtsstaats gegen
 seine erklärten Feinde zu nutzen. Spätestens mit der Einstufung durch den
 Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ verbietet sich jede Naivität im Umgang
 mit der AfD. Die AfD zielt darauf ab, die demokratische Verfasstheit der
 Bundesrepublik zu beseitigen. Alle Mittel zu ihrer Bekämpfung müssen eingesetzt
 werden.

Parteiverbotsverfahren

 Parteien, die darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu
 beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik gefährden sind
 gem. Art. 21 Abs.2 GG verfassungswidrig. Über die Verfassungswidrigkeit kann gem.
 Art. 21 Abs.4 GG nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der Prüfantrag als
 notwendige Voraussetzung kann nur von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung
 gestellt werden. Die tatsächliche Entscheidung über das Verbot trifft allein das
 Bundesverfassungsgericht (Verwerfungsmonopol) auf Basis einer rechtlichen Prüfung.

 Die Möglichkeit des Parteiverbots ist Ausdruck des Prinzips der wehrhaften
 Demokratie. Nicht zuletzt als Lehre aus der NS-Zeit soll verhindert werden, dass
 Verfassungsfeinde die den Parteien durch das Grundgesetz garantierten Privilegien
 nutzen, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist nicht
 erforderlich, dass sich die Verfassungswidrigkeit bereits aus dem offiziellen
 Programm der Partei ergibt. Äußerungen von Vertreter*innen der Partei, Gliederungen
 oder Aussagen auf Werbematerialien können der Partei zugerechnet werden.

Die fortschreitende Radikalisierung der AfD

 Bereits bei ihrer Gründung wies die AfD klar rechtsradikale Elemente auf. Diese sind
 seitdem immer stärker geworden und beherrschen die Partei mittlerweile. Wurde 2017
 noch versucht, Björn Höcke als einflussreichsten Vertreters des völkischen Flügels
 aus der Partei auszuschließen, bezeichnet Alice Weidel dies mittlerweile als Fehler.
 Mit jedem Machtwechsel wurden wirtschaftsliberale oder konservativ geprägte Gruppen
 zurückgedrängt, sodass der völkische Flügel die Partei in der Breite dominiert.

 Alice Weidel hat im Bundestagswahlkampf offen mit der Forderung nach „Remigration“
 geworben. Der Begriff bezeichnet die Ausweisung von Bürger*innen der Bundesrepublik,
 die keinen Platz im völkisch geprägten Nationsbegriff der extremen Rechte haben und
 richtet sich sowohl gegen Menschen mit Migrationsgeschichte als auch politische
 Gegner*innen. Dieser ethnisch definierte Volksbegriff steht im klaren Widerspruch zu
 dem rechtlich geprägten Verständnis des Grundgesetzes, der auf die
 Staatsangehörigkeit Bezug nimmt und bewegt sich außerdem klar im Widerspruch zur
 Menschenwürde.

 Die völkische Ideologie spiegelt sich durchgehend in den Äußerungen einflussreicher
 AfD-Politiker*innen wieder. Sie wird breit geteilt in der AfD.

 Immer wieder macht die AfD die parlamentarische Demokratie verächtlich. Bei der
 Konstituierung des thüringischen Landtags versuchte der AfD-Alterspräsident
 parlamentarische Prozesse gezielt zu sabotieren und ließ sich dabei nur durch ein
 Urteil des thüringischen Verfassungsgerichtshofs stoppen. Regelmäßig wird der
 demokratische Charakter der Bundesrepublik in Zweifel gezogen. In öffentlich
 gewordenen Geheimchats rufen AfD-Politiker*innen zur „totalen Revolution“, „Stürmung
 des Bundestags“ auf und zweifeln die Universalität der Menschenrechte an.

 Immer wieder stellen einflussreiche AfD-Politiker*innen eine Kontinuität mit dem
 Nationalsozialismus her. Matthias Helferich bezeichnete sich selbst als das
 „freundliche Gesicht des NS“, Björn Höcke ist mittlerweile mehrmals wegen des
 öffentlichen Verwendens von Naziparolen verurteilt, regelmäßig relativieren AfD-
 Abgeordnete NS-Verbrechen.

 Die Belege sind mittlerweile umfassend, dass die AfD hinter demokratischen
 Lippenbekenntnissen eine klar faschistische und antidemokratische Agenda verfolgt und
 eng mit militanten und rechtsextremen Kräften in der Gesellschaft zusammenarbeitet.
 Teilweise geht direkte Gewalt von AfD-Funktionär*innen oder Mitarbeiter*innen gegen
 migrantische Personen, Pressevertreter*innen oder linke Aktivist*innen aus oder sie
 stehen in direkter Verbindung mit militanten rechtsextremen Gruppierungen.
 Rechtsterrorist*innen nehmen regelmäßig positiv Bezug zur Politik der AfD oder sind
 von AfD-Propaganda beeinflusst.

 Wer nicht bewusst die Augen davor verschließt, muss erkennen: Die AfD zielt darauf
 ab, diese Demokratie zu beseitigen und will eine rechtsautoritäre, faschistische
 Gesellschaft errichten.

Antrag jetzt stellen

 Die Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem
 spiegelt diese fortschreitende Radikalisierung wider. Es liegen mittlerweile
 detaillierte und umfassende Materialsammlungen von privaten Initiativen,
 Journalist*innen und Aktivist*innen (sog. OSINT) vor, die die
 Verfassungsfeindlichkeit der AfD belegen. Seit Jahren wird die AfD zudem als
 rechtsextremistischer Verdachtsfall oder in einzelnen Ländern als gesichert
 rechtsextrem beobachtet. Es ist fest davon auszugehen, dass den Behörden neben den
 öffentlich zugänglichen Erkenntnissen weitere Informationen vorliegen, die einen
 Prüfantrag vor dem BVerfG untermauern können.

 Mit einer Partei, die sich nicht an die demokratischen Spielregeln hält, ist kein
 Wettbewerb auf Augenhöhe möglich. Jeder Versuch, sie „im demokratischen Diskurs zu
 stellen“ läuft ins Leere. Sie sabotiert das demokratische System, denn sie ist kein
 politischer Mitbewerber, sondern ein Feind des demokratischen Systems. Käme sie an
 die Macht, ist fest davon auszugehen, dass sie nicht mehr abgewählt werden kann.
 Parlamentarische Demokratien leben davon, dass die politischen Akteure einen
 demokratischen Konsens teilen. Die AfD ist nicht Teil dieses Konsens. Sie lehnt die
 Gewaltenteilung ab, würde die demokratischen Oppositionsrechte abschaffen und die
 Ablösbarkeit der Regierung durch demokratische Wahlen zumindest de facto aufheben.
 Die internationalen Verbündeten der AfD sind autokratische Politiker*innen und
 Regime. Ebenso wie sie, strebt die AfD eine autokratische Verfasstheit der
 Bundesrepublik an.

 Das Parteiverbot ist ein scharfes Schwert der wehrhaften Demokratie. Seit den zwei
 gescheiterten NPD-Verbotsverfahren verfolgt Karlsruhe eine restriktive Linie bei der
 Anwendung des Instruments. Teilweise bestehen Zweifel, ob die politische
 Entscheidung, einen Prüfantrag zu stellen, klug ist oder die AfD in ihrem
 Opfernarrativ stärken würde.

 Die Entscheidung über das Einleiten eines Partei-Verbots kann nicht taktisch
 getrieben, sondern muss Ergebnis grundsätzlicher Erwägungen sein. Sobald überzeugende
 Belege für die Verfassungswidrigkeit einer Partei vorliegen, ist es die demokratische
 Pflicht der antragsberechtigten Verfassungsorgane, mit einem Antrag die Prüfung der
 Verfassungsgemäßheit einer Partei zu ermöglichen. Die antragsberechtigten
 Verfassungsorgane müssen mit ihrem Prüfantrag in Verantwortung für den Schutz unserer
 Demokratie und Verfassung die Voraussetzung für ein AfD-Verbotsverfahren schaffen.

 Die Gründe, aus denen die NPD-Verfahren gescheitert sind, sind auf die AfD nicht
 übertragbar. Weder mangelt es der AfD an der Potentialität zur Beseitigung der
 verfassungsmäßigen Ordnung, noch ist die AfD derart mit V-Leuten unterwandert, dass
 Probleme bestehen, ihr das Verhalten ihrer Funktionsträger*innen zuzurechnen.

 Wer die wehrhafte Demokratie ernst nimmt und sich dem Geist des Grundgesetzes
 dergestalt verpflichtet fühlt, dass den Feinden der Demokratie niemals die
 Privilegien des Verfassungsstaats zuteil werden darf, der muss jetzt handeln. Gerade
 aus der Tradition als älteste Partei Deutschlands, als historische Kämpferin gegen
 den Faschismus und als Verbündete derjenigen, die von rechtsradikaler Gewalt bereits
 gegenwärtig besonders bedroht sind, setzt sich die SPD auf allen Ebenen, in
 Regierung, Bundestag und in Zusammenarbeit mit den sozialdemokratisch geführten oder
 mit regierten Ländern für die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens ein.

 Selbstverständlich ist ein rechtliches Vorgehen gegen die AfD alleine nicht
 ausreichend. Es ist unbedingt entscheidend, die Demokratiebildung zu stärken,
 Deradikalisierungsprogramme zu unterstützen und Vertrauen für demokratische Parteien
 zurückzugewinnen. Es wäre aber in der gegenwärtigen Bedrohungslage für unsere
 Demokratie sträflich, neben all diesen notwendigen politischen Anstrengungen von den
 rechtlichen Möglichkeiten der Bekämpfung der AfD nicht zusätzlich Gebrauch zu machen.

 In Verantwortung vor unserer Geschichte und für die demokratische Zukunft dieses
 Landes gilt es, den Weg für ein AfD-Verbotsverfahren frei zu machen.